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KW Zwanzig / einundzwanzig

Das war dann wohl der Crash nach dem anstrengenden High. Zwei Wochen sehr, sehr 'in my feelings' verbracht. Desorientiertes rumgestöpsel an allen Fronten und dass draußen auch schon wieder Monsun-November war, half auch nicht.

Vorletzten Freitag dann Shot Nummer 2. Dem Horizont ein Stück näher, sehr gutes Gefühl. Gesagt bekommen, dass ich dringend Kopien/Scans von der Impfbestätigung machen soll, auch vom Impfpass. Wichtig! Danach eine volle Woche gegen Dauermüdigkeit gekämpft, Nachts ohne Probleme 8, wenn möglich auch 10 Stunden geschlafen. Freaky, aber durchaus gut.

Am Samstag danach bis Mittag geschlafen, Nachmittags zum Bundesligafinale auf die Couch geschleppt. Mit Javi Martínez geweint. Überhaupt nah am Wasser und die ganzen unerlaubten Veränderungen helfen nicht. Die Inzidenz ist jetzt auch hier weit genug unten für Außengastronomie und als ich kurz darauf rausgehe (Eurovision-Date), ist jeder freie Platz vor Bistros und Italienern besetzt. Diese Stadt, die so gern little Italy spielt (foreshadowing!), hatte schon seit Wochen Phantomschmerzen und stand in kleinen Gruppen unter den Arkaden rum, mit Coffee to go oder Eis. Endlich wieder draußensitzen, endlich Normalität, ein ganzes Städtchen atmet und guckt dankbar in den Himmel.

Wir sind noch nicht durch, der Virus ist nicht weg, zu viele haben noch kein Impfangebot, aber da ist endlich ein kleines Stück Beweglichkeit und ich hoffe, dass dieses kleine Durchatmen uns alle ein wenig entspannt. Lord knows, die allgemeine Befindlichkeit braucht ein bisschen Beruhigung.

Und vielleicht hat man überhitztes Hirn, mein leeres Herz darum Samstagabend so dankbar auf den Eurovision-Zirkus reagiert. Klatschend bei Malta und Finnland, seufzend bei Portugal und schließlich Kurzschluss-Schockverliebt-Kreischend bei Italien.

https://www.youtube.com/watch?v=RVH5dn1cxAQ
E buonasera, signore e signori, fuori gli attori

HACH.

Da sind diese Kids (Jahrgänge 1999 bis 2002), die sich offensichtlich durch die Rock- und Popgeschichte gehört und geguckt haben, sich passend zu GenZ mit maximaler Ambiguität inszenieren und dabei durch Leidenschaft und Charme so authentisch wirken, dass ihnen halb Europa vom ersten Riff weg verfällt. Bassistinnen, what can you do.

Dieses attraktive Quartett hat wohl irgendwas in meinem Kopf getriggert, ich höre mich seitdem durch den Måneskin-Katalog und bin zunehmend verzückt. Deutliche Einflüsse von Old School Rock, Punk, Britpop aber auch feinstem Bombast-Pop garniert mit Texten, die nur Zwanzigjährige so ernstgemeint singen können, aber auf Italienisch klingt eh alles gut. Ich gucke mir dabei zu, wie ich gedanklich lustig durch die Themen hüpfe. Die Musikindustrie: Spotify wird aktuell von BTS, dem koreanischen Band-Phänomen beherrscht, außerdem hat eine gewisse Olivia Rodrigo mit ihrem ersten Album gut eingeschlagen - frisch aus dem Disney-Stall, also die komplette Maschine dahinter. Der Weg für eine junge europäische Band in die internationalen Charts ist aktuell kaum planbar und auch der ESC ist weißgott keine Garantie für tatsächlichen Erfolg außerhalb des Wettbewerbs. Es müssen schon ein paar Faktoren zusammen kommen.

Gedankliches Weiterhüpfen: Die Wirkung von Charisma und Souveränität, die man mit 22 nicht haben sollte, aber die halt da ist und Frontmann Damiano binnen einer Woche in eine Art internationale Ikone verwandelt hat. Mit Ohrringen und Smokey-Eye oder ohne. Es ist faszinierend. Das hätte auch ein PR-Profi nicht besser planen können. Der Sieg via Zuschauer-Voting über die traurigen Chancons, die Szene die kurz so aussieht als würde da Schnee auf dem Tisch liegen, die Pressekonferenz, der Look - you can't make this stuff up. Wie das sein muss, so durch die Welt zu gehen, so gesehen zu werden. Nicht immer ganz einfach, aber mit Sicherheit auch guter Türöffner.

ICONICO

Noch ein Sprung. Die Inspiration die von so einer Initialzündung ausgeht. Einfach mal machen, drauflos, selbstbewusst und exzentrisch. Insbesondere über das letzte Jahr ist der Graben zwischen meiner inneren Wahrnehmung von mir und meinem nach außen gelebten ich nochmal größer geworden. Nicht wegen der Neurodiversität oder meinem Hintergrund, sondern weil mir momentan eine kreative Spielwiese fehlt. Something's gotta give und zwar bald. Man muss die Muse nehmen wie sie erscheint, notfalls lernt man dafür halt Italienisch und kauft neuen Kajal.

Anyway. Donnerstag dann ins fancy neue Büro, endlich zentral und cool und überhaupt plötzlich sehr dieses "I work in IT" Gefühl. Ich kann mir wirklich nicht mehr vorstellen, da einfach so in Zukunft 5 Tage die Woche zu verbringen, aber Kollegen, Kaffeemaschine, so andere Kleinigkeiten - gefehlt hat das schon. Langes Gespräch mit dem Lieblingskollegen über Situationen und Perspektiven die sich aktuell ergeben. Die Integration in den Mutterkonzern wirkt erst jetzt richtig. Gut und schlecht. Wird wohl ein Jahr mit wegweisenden Entscheidungen. No more effing around.

Vielleicht ist es das intensive Nachdenken über die Zukunft, oder die herzergreifende Musik über die ganze Woche, aber nebenher entstehen im Kopf spannende neue Verbindungen über alte Dinge. Einflüsse, die mir nicht klar waren. Ich hatte mein Bedürfnis nach Ehrlichkeit, meine Priorität auf definitive Ansagen im Nachhinein immer nur auf meine Neurodiversität geschoben, aber es ist auch was mir vorgelebt wurde. Ich glaube Menschen nette Dinge dann, wenn sie keine Angst davor haben unangenehme Sachen zu sagen, mich auch zu kritisieren. Dreieinhalb Jahre ist mein Vater nicht mehr da und es dauert bis jetzt zu begreifen, dass ich mir seiner bedingungslosen Liebe sicher war, weil er auch sehr direkt und grob sein konnte. Es war alles gleich echt. Daran werde ich noch eine Weile arbeiten müssen. It's a lot.

Der Sommer schleicht sich ein bisschen an, die Infektionszahlen sinken, man will übermütig werden. Natürlich beim Italiener, stundenlang mit Wein, Pasta, Fisch und viel Gelächter. Man hatte vergessen wie das ist. Ich schicke ein kleines Gebet an eine nicht näher definierte höhere Entität und wünsche mir einen wilden, dichten Sommer, voller aufreibender Momente, direkten Emotionen, großen Gelegenheiten und allem worauf wir sonst noch gewartet haben.

https://www.youtube.com/watch?v=XD_iA7JWAew
So, so adorable.
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KW Achtzehn/Neunzehn 2021

Zwei Wochen durchgearbeitet, mit Wochenende und Feiertag. Nicht zu empfehlen. Hauptsächlich, weil andere Leute Zeit verbummelt haben oder sich nicht entscheiden konnten. Auch so ein Pandemie-Ding - solche Arbeitstage sind im Büro gar nicht möglich bzw. nichts was ich mit meiner Pendlerei einfach mitmache. Mantra: Das ist nicht für immer, ich bin sehenden Auges diesen Schritt gegangen, um irgendwann gewisse Optionen zu haben. Unabhängigkeits-Ambitionen halt.

Noch dazu, wenn man 12 Stunden pro Tag arbeitet und dabei stündlich zwischen "ich kann gar nix" und "ohne mich wärt ihr völlig aufgeschmissen" schwankt und dann noch merkt, dass man immer lauter werden muss, weil die Herrenrunde um einen herum denkt, man müsste nur zuliefern, aber keine Meinung haben.

Sehr, sehr lehrreiche Wochen. Unsagbar lehrreich.

Nicht gut für die Gesundheit. Wenn mein Prozessor durchgehend so heiß läuft, entwickle ich eine Ernährung, die sich hauptsächlich aus Rohkost und Schokolade zusammensetzt. Gemüse, um das Kiefer zu beschäftigen und Süßes, um Energie auszugleichen. Bitte räumt überall die Schoko-Variante dieser Giotto-Kügelchen aus den Regalen, es hat ein übles Ausmaß erreicht. Wenn man lange genug vom Schreibtisch direkt ins Bett fällt, baut die gar nicht so kleine Spinne ihr Nest übrigens vom Esstisch zur Wand und an die Hausbar. Beeindruckend und verstörend gleichermaßen.

Das einzige, was noch zum Luftholen ging, waren Folgen von Schitt's Creek. Ja, ich weiß, ich dachte auch nicht, dass ich es mögen würde, aber ich hatte Dan Levy (Showrunner und Darsteller von David) unterschätzt. Schauen Sie das, es erheitert und wärmt das Herz.

https://www.youtube.com/watch?v=W0uWS6CnC2o

Apropos. Am Freitag dann endlich mal Grenzen gezogen und Menschen ihren Baustellen bzw. Verantwortlichkeiten überlassen. I'm not the nanny. Mittags Burger geholt und bei Mama Donnerhall zusammen mit einer Portion Pommes inhaliert. Danach noch ein bisschen Dinge fertig gearbeitet und gegen Nachmittag mit dem Lieblingskollegen, der die zwei Problemwochen mit durchgestanden hat, in den Feierabend gequatscht. 3 Stunden und ein paar Rum-Cocktails später, ging es mir schon besser. Über Arbeit und Präsenz gesprochen, eine vielleicht neue Wertschätzung von Anwesenheit aber auch der Normalität von remote arbeiten. Über die eigene Resilienz und die Beobachtung, dass andere mittlerweile die Wände hochgehen. Was das auch zum Thema Fürsorge und Kollegialität bedeutet. Der Lieblingskollege ist nicht nur sehr klug, sondern auch die Sorte vorzüglicher Mensch, dass ich die alten Narben spüre, weil ich schon mal geglaubt habe, einen Menschen in dem Kontext kennengelernt zu haben. (Also der Lieblingskollege hat ungefähr 3x das Format der vorangegangenen Enttäuschung, aber man wird halt vorsichtig.)

Anschließend mit der Freitagsrunde in sensationelle Albernheit ausgebrochen, so müssen Drogen wirken. Früher hätte ich nach so viel Arbeit nicht 7 Stunden lang geredet und in einen Bildschirm geschaut, aber es fühlte sich wie die gesunde Alternative an. Manchmal hilft es, auch die letzte Kraft noch rauszuhauen, wenn man dafür etwas zurückbekommt. Darüber muss ich nochmal in Ruhe nachdenken.

Samstag dafür aber auch emotional Hangover deluxe. Gegen all die juckenden alten Narben mit maximalem Aufräumen und Haushaltsdingen angegangen. Je näher das Ende der Pandemie rückt, desto näher rücken gefühlt auch wieder die Enttäuschungen und die Momente, wo ich nicht dabei sein kann. Dieses Jahr mit allem im selben Boot, das war für jemanden der oft außerhalb steht, fast ein wenig heilsam.

Der ReBoot Modus rückt überall näher. Wenn ich das nächste Mal ins Büro fahre, dann in ein neues, schickes Gebäude im Zentrum. Keine Ahnung, wo mein Schreibtisch ist. Ich versuche Routinen zu entwickeln, die ich in Zukunft an wechselnde Verhältnisse anpassen kann, das wird interessant. Gemüsekiste und Rudermaschine kann man beibehalten, die Yogahosen gehen nur im Homeoffice, dafür sitze ich vielleicht in ein paar Monaten mit Kollegen mal wieder bei einem Getränk zusammen.

Ich glaube, dieses Jahr im Nebel, das wird uns erst mit Verspätung richtig einholen. Viele werden so schnell wie möglich zu ihrer "Normalität" zurückgehen, aber ein paar werden das nicht können und langsam, wenn eine Generation nachkommt, die das mit heranwachsenden Augen beobachtet hat, werden Dinge womöglich nochmal ganz anders hinterfragt. Meine Normalität war eh immer anders, jetzt muss ich sie vielleicht weniger rechtfertigen, das wäre nett. Weniger Zwangssozialisierung und mehr geplantes Zusammensein, mit Wertschätzung und Intention. Less Smalltalk, more big events.

Bis dahin, atmen. (Dieses Album <3 )

https://www.youtube.com/watch?v=E5ZKQtpFbms
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KW Sechzehn/Siebzehn

Ach ich weiß doch auch nicht mehr. Also buchstäblich. Ich vergesse Tage, sobald sie um sind. Ach was, vorher.

Alles außer dem Job flutscht einfach so wieder aus dem Kopf raus, es funktionieren nur automatische Dinge. Kochen, Rudermaschine, Audiobook hören. Meine Highlights sind aktuell neue Möbel. Dinge in dieser Wohnung werden endlich fertig und das hilft meiner Psyche mehr als ich zugeben mag.

https://twitter.com/DonnerBella/status/1385648613431336960
Neue Vitrine im Wohnzimmer / Essbereich
https://twitter.com/DonnerBella/status/1388090313139527685
Küchenregale. In Mint!

Musik funktioniert nicht, Ablenkung funktioniert nicht. Das ist jetzt auch nicht mehr Pandemie, das ist der Depressions-Schlamm. Aber irgendwie halt eine pragmatische Sorte, weil es eh allen so gut, teilweise noch viel schlimmer. Ich habe einen Job und keine Kinder, das erscheint aktuell durchaus Jammern auf hohem Niveau.

Und nicht, dass ich übrige Energie hätte, aber ein Teil von mir möchte sich so sehr in ein Projekt stürzen, vielleicht mach ich dieses Mal mit beim Wahlkämpfen. Für Annalena, is klar. (Eigentlich müsste was Kreatives her, aber, ach.)

Übersprungshandelnde Bestellungen von Lidschatten-Paletten und Versuche im Blenden eines Halo-Eye. Ich gucke zu viel Youtube. Wobei auch nützliche Dinge dabei sind.

https://www.youtube.com/watch?v=yy-7JNP7tMI
Das ist Doktor Ramani und sie bringt mir bei was Narzissten sind und warum mir im Leben immer Menschen begegnet sind, deren inkonsistentes Verhalten ich nicht begriffen habe. Ich neige nicht dazu solchen Darstellern auf den Leim zu gehen, scheine aber umgekehrt ein beliebtes Accessoire zu sein, das hat zu...merkwürdigen Situationen geführt.

Die Normalisierung von Videocall-Geburtstagsparties ist auch so eine Sache. Ich will einfach mal wieder in einer fremden Küche stehen, zu laut lachen und mich kurz fühlen, als wäre ich Teil der Spezies. Manchmal weiß ich nicht ob dieses Jahr drinnen mich auf dem Spektrum noch ein Stück weiter auf die andere Seite hat gleiten lassen. Zumindest überfordert mich das tatsächliche Leben. Zugfahren, Supermarkt, wie soll man da denn zurechtkommen. Zu laut, zu hell, zu hektisch. Mir fehlt das Prinzip Biergarten, aber der Gedanke an eine vollbesetzte Außengastronomie...puh.

Mal gucken. Übernächste Woche Einzug ins neue Büro, eine Woche später die zweite Impf-Dosis. Lauterbach sagt, der Sommer wird gut. Ich glaube er wird akward. Auch für die nicht Blob-Girls. Ich hätte gern ein Blob-Girl-Camp. Eine Villa, irgendwo in der Toskana wo wir schlechten Frauendarstellerinnen den ganzen Tag in formlosen Kleidern rumliegen, uns trotz käsiger Beine in den Pool werfen und uns weintrinkend gegenseitig aus Büchern vorlesen. 3 Monate lang. Dann bin ich auch soweit für die Revolution.

Bis dahin muss ich erstmal über den Unterschied von Struktur und Gewohnheiten und Ritualen nachdenken und ob ich nicht ein paar Zukunftspläne ändern muss, damit alles auch mal wieder zusammenpasst. (Das ist eine Phase, richtig? Haben alle, gell??)

https://www.youtube.com/watch?v=klk8UUCPjeI
Trouble don't you come my way.