xoxo

I’m watching from my window the curtain coming down
A blue as black as morning, a silence like a sound
That rattles at the cages, that hold my heart and mind
That call my name to wonder just what I hope to find

Ich hab diesen Husten, müssen Sie wissen. Wenn ich richtig krank werde und huste, dann macht sich eine komplette Straße Sorgen, fangen Kinder an zu weinen und jeder aber auch wirklich jeder, der mit begegnet, hat eine dringende Empfehlung für mich. Ich huste, bis ich keine Luft mehr bekomme, bis es fast in ein Würgegeräusch übergeht und man jederzeit mit einzelnen Lungenfetzen rechnet.

Warum das so ist, ist nicht ganz klar. Als Kind waren meine Eltern deswegen mit mir bei diversen Ärzten vorstellig, wo schnell der Begriff Hysterie fiel. Nun gut, wie sie meinen.

Jedenfalls ging es mit einem heißen Kopf los, dann kam der Husten und kurz darauf war ich für eine Woche außer Gefecht – falls Sie sich fragen, warum hier nix passiert. Schlafen und Husten und Nudelsuppe.

Zwischendurch variabel düstere Gedanken über diverse endgültige Situationen. Am Ende war ich wieder der Feuerteufel, der um mich herum alles angezündet hat, aber vielleicht ist das meine Art die Sehnsucht nach Veränderung auszudrücken. Sehr viel Rückblick. Wie ich letztes Jahr zwischendurch dachte, ich hätte einen klaren Kopf, was ganz bestimmt nicht der Fall war und ich die Scherben davon heute noch aufsammle. Egal, weiter, freiheitswärts.

(Mein Leben als personifizierter Belastungstest. Hauptsache klare Verhältnisse.)

Im Nachhinein habe ich meinen nicht ganz klaren Kopf letztes Jahr auch oft als Alibi genutzt, um endlich die Fragen zu stellen, für die ich mir sonst zu dumm vorkomme. Weil es diese ganzen unsichtbaren, unausgesprochenen Dinge zwischen Menschen gibt und das aber nicht alle sondern hauptsächlich mich in den Wahnsinn treibt. Ich weiß ja jetzt warum. Wenn wir jetzt bitte alle noch darüber reden könnten wie bescheuert und schwach wir die ganze Zeit alle sind, dann hätte vielleicht weniger von uns das Gefühl sie würden allein dauernd alles falsch machen. Aber es könnte ja jemand unsouverän wirken und dafür wurde Passiv-Agressivistan schließlich gegründet.

Zurück zu meinem körperlichen Leiden und der Woche des Stillstands.

Gegen Ende der Woche erste sanfte Versuche die Familie für Ostern zu organisieren. Einerseits ist es komplizierter als früher, weil man alle einzeln einsammeln muss, andererseits sind wir jetzt sehr entspannt und neigen dazu es uns in entsprechenden Restaurants gut gehen zu lassen, anstatt uns bei jemandem Zuhause zu treffen. Weniger Stress für alle und das Essen ist ziemlich sicher perfekt. Maximal wird noch eine der vorhandenen Wohnungen für ein anschließendes Kaffeekränzchen okkupiert, aber im Zweifel mit Torte aus der Konditorei.

Früher fand ich es seltsam, wenn andere Familien Feiertage so begangen haben – bei Weihnachten geht es mir nach wie vor so. Aber mittlerweile mag ich den Gedanken daran, dass wir grade bei mehreren Feiertagen mindestens einen zusammen verbringen aber auch mindestens einer von jedem allein im Pyjama vergammelt wird. Wo doch jetzt selbst Mama Donnerhall da mit dem Serien-Bingen raus hat. (Noch werden hauptsächlich Bücher gebingt, aber hier und da kann ein Historien-Mehrteiler ihre Aufmerksamkeit fesseln.)

An der Oberfläche sind die Dinge größtenteils in Ordnung. Hier und da noch ein paar Schrauben und Hebel die justiert und in die richtige Position gebracht werden müssen, aber langsam fühlt es sich wieder wie mein Leben an und nicht wie ein Bühnenbild für eine schlechte one woman show. Wie lang das alles gedauert hat.

Es ist ein bisschen mehr als ein Jahr her, als die Welle wirklich kam. Die Tränen um diverse Verluste, das Bewusstwerden der grade auch im Inneren drastischen Veränderungen. Ungewohnt emotionales Rumeskalieren an allen Fronten. Teilweise hat das die Luft geklärt, teilweise frage ich mich im Nachhinein wie dumm ich war bestimmte Dinge anzusprechen. Belastungstests sind wohl mein Coping-Mechanismus. Der Angst weggeschickt, abgelehnt oder nur toleriert zu werden solange ich keinen Aufwand verursache, einfach direkt entgegen treten, bis ich einmal durch die Mangel durch bin. Lieber direkt in die Kreissäge reinlaufen, dann weiß man woher der Schmerz kommt.

Auf eine extrem dämliche Weise befürchte ich, dass ich daraus meine Zähigkeit ziehe. Darum kostet nichts so viel Kraft wie die ungeklärten Angelegenheiten. Nichts bleibt so lang im Gedächtnis. *winkt diversen noch sehr präsenten Erinnerungen zwischen 1995 und 2017 zu*.

Natürlich, mittlerweile wird mir an der Front vieles klar. Die neurotypischen Mitmenschen werden von dieser Sorte Fragen nicht derart häufig geplagt, nehmen Dinge war die ich nie bemerken würde. Zaunpfähle, Nuancen, die Interpretation von Schweigen. Für mich schlägt das Barometer erst ab Sarkasmus an, vorher besteht die Gefahr, dass ich die letzte bin, die es mitbekommt. (File under: Keine Ahnung zum Status von Büro-Flirts, Affären oder Fehden und offensichtlich weniger Gossip-interessiert als viel mehr Gossip-untauglich.)

Wenn es mir gut geht, halte ich die Fragen, die undefinierten Verhältnisse aus. Aber doch nicht, wenn nichts mehr gut ist, dann muss man sich doch irgendwo orientieren. Wie machen neurotypische Menschen das? Wie zur Hölle wissen sie wo sie mit welcher Person stehen? Ist es wie ein inneres Echolot, das ein Feedback zurückgibt und einem die Distanz mitteilt? Gott, klingt das anstrengend.

Ja, man merkt, dass ich Zeit zum Nachdenken hatte.

(Beitrag Nr. 600. Sowas sollte eigentlich gehaltvoller sein. Andererseits, ein hübsch typischer Vertreter.)

8

One thought on “xoxo

  1. Tja, wie mache ich das? Früher war es mir sehr wichtig zu wissen, wo ich stehe. In meinem Kopf gab es immer Ranglisten: Die Freundin, die beste Freundin, die allerbeste Freundin. Und genau diese Einstufung wollte ich auch von meinem Gegenüber wissen.

    Mittlerweile weiß ich, dass dieses Schubladen- und Kategoriendenken gerade bei Freundschaften leider sehr wenige so beleuchten wie ich es tue.
    Inzwischen nehme ich Menschen so wie sie sind in meinem Leben auf und rechne einfach ständig damit, dass sie morgen nicht mehr da sind. Das ist für Menschen, die mir nahe kommen wollen sehr schwierig, weil sie mich im Grunde nicht mehr wirklich davon überzeugen können, dass ich ihnen wirklich, wirklich wichtig bin. Das denken sie wohl im Moment, aber in einem Jahr sprechen wir uns wieder. Meistens aber auch nicht.

    Das funktioniert bei mir aber auch wohl nur, weil ich den tollen Mann und meine Familie habe. Ich habe irgendwann entschieden, dass mir das genug ist. Dass ich damit vollkommen zufrieden und glücklich bin.
    Alles andere ist eine Zugabe. Menschen, die für eine gewisse Zeit in meinem Leben sind und durch … hm … Umstände … irgendwann wieder verschwinden.

    (Okay … das klingt jetzt alles ganz schön negativ … ist es aber gefühlt gar nicht. )

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