„The bad memories, the fear, that’s your head protecting you from something happening again.”
Conan O’Brien (I think)
Der Satz hat keine psychologische Basis und stammt zu allem Überfluss auch von einem Comedian. Aus einem Podcast. Also das Gegenteil von vertrauenswürdig.
And yet. Irgendwas fängt an in meinem Kopf zu rattern und Dinge zusammenzusetzen.
Weil grade ist etwas sehr seltsam. Ich bin im Job extrem gut beschäftigt und damit sehr glücklich, mein Leben ist generell voll mit brauchbaren Dingen und Menschen, ich habe diverse Momente, auf die ich mich freuen kann. Und flehne seit bald zwei Wochen jeden Abend. Also richtig. Ja, so gucke ich auch jedesmal. Es ist nicht so, dass ich rumstehe und dann kullern Tränen ohne, dass ich den Hauch einer Ahnung habe woher. Mein Kopf weiß sehr gut wie er das in Gang setzen kann. Er denkt, völlig ohne Grund, über eine Geschichte nach, die ich halt schwer zu den Akten legen kann. Obwohl sie mich grade nicht tangiert oder beeinträchtigt.
It’s the old ‚Warum war ich nicht gut genug, was hab ich denn falsch gemacht oder nicht verstanden, bin ich so eine elende Kreatur, dass es Menschen die Sprache verschlägt? Ist es so furchtbar, wenn ich schwach bin und die Hand ausstrecke, dass Leute sich angewidert abwenden und nicht sagen können, dass sie in dem Zustand nichts mit mir zu tun haben wollen?` Wir sprachen an dieser Stelle bereits darüber. So zwei bis achtmal.
Keine Panik: Ist jetzt nicht das Thema. Also nicht direkt.
Darüber hinaus werde ich von völlig wirr verspannter Muskulatur und genereller Kratzbürstigkeit begleitet. Insgesamt also ein deutliches: Hier stimmt etwas nicht, hier passen Sachen nicht zusammen. Aber was genau, das sagen wir dir nicht. Gezeichnet, dein verpeiltes Unterbewusstsein. Pilates, stundenlanges Ufer-Spazierengehen, Gemüse essen – alles nutzlos.
Aber natürlich treibt mich um, warum mein Kopf das in diesen Tagen wieder rauszieht, warum er jeden Tag damit beschließt, was zur Hölle das bringen soll. (Vielleicht die Strafe, dass ich aktuell maximal einmal die Woche Alkohol trinke? Ist das eine wilde Form von Entzugs-Symptom?) Was mich zum obigen Zitat bringt. Auf der Suche danach was mein Hirn antreibt eine bald zwei Jahre andauernde Nerv-Angelegenheit rauszuziehen und langsam meinen Selbstwert zu dezimieren, stehe ich plötzlich vor der Job-Tür und dem Gedanken: Vielleicht ist es ein Obacht, sich nicht zu wohl zu fühlen, den Menschen nicht zu sehr zu vertrauen.
Weil die erwähnte Angelegenheit hatte auch einen professionellen Einschlag. Tragisch wurde sie zwar durch den Kontext außerhalb des Jobs, die Grundlage wurde aber im Kollegendasein gelegt.
Mich gibt es ja nur in einer, dieser Version. Ich habe kein „professionelles“ ich, das diplomatischer oder genauer oder irgendwas ist. Ich habe keinerlei Fähigkeiten mich zu verstellen und weiß, dass meine Karriere dereinst genau dadurch begrenzt sein wird. Kein Händchen für Politik, kein Hang zu Gossip und kein Radar für sensible Egos.
Ein wenig hilft es zu wissen, dass ich auch hier nicht alles steuern kann, weil so eine Spektrums-Störung schon genug Kraft kostet und man nicht auch noch ein freundliches Büro-Ich entwickeln kann.
Andere können das aber schon.
Sind zuverlässig und vertrauenswürdig, geben sich geradlinig und interessiert. Also ziemlich sehr als die Sorte Person mit der ich gern zu tun habe und der gegenüber ich ein gewisses Zutrauen entwickle, weil ich denke, dass hier kein Bedarf um nicht zu sagen kein Vorteil durch Spielchen und Egomanie entstehen kann. Dear Reader: I was wrong.
So trage ich also aus dem letzten Anstellungsverhältnis auch eine fette zwischenmenschliche Narbe mit mir rum, weil ich die Corporate Persönlichkeit auf einen Menschen umgelegt habe, der mir auch außerhalb bekannt war. Von dem ich daraufhin dachte, ich könnte mich mit einem Anliegen an ihn wenden und feststellte, dass auf geheuchelte Empathie und generelle Maulfaulheit die geringschätzige Empfehlung folgte, dass ich mich doch wieder in die mir zugedachte Schublade trollen und bei Gelegenheiten bei denen wir beide Aufschlagen, Small Talk machen soll.
Kann man mir noch folgen? Ich denke nicht, aber here goes.
Das neue Job-Umfeld ist nämlich ein hinreißendes, nerdiges Biotop. Männerlastig, ja, aber sie kramen alle ihre Manieren raus. Die Atmosphäre ist offen, die Aussprachen sind direkt und generell versucht man pragmatisch und zielgerichtet an Dinge heranzugehen. Mit taugt das alles sehr. Womöglich zu sehr.
So stehe ich also da, heulend und verwirrt.
„…protecting you from something happening again.“
Die Moral von der Geschicht nicht mit Leuten zu arbeiten, mit denen ich im privaten Umfeld zu tun habe, die ist angekommen. Aber auch die Moral davon Kollegen nicht zu sehr rankommen zu lassen weil sie sich als gespaltene Job-Persönlichkeit herausstellen könnten? Will ich das überhaupt? Dieses Trennen der Wirklichkeiten ist gerade in einer sehr beweglichen, dienstleistungsorientierten Branche schwierig, schließlich teilt man Erfolge und Niederlagen, Deadlines und das Belohnungs-Bier. Als erwachsene Menschen verbringen die meisten von uns mindestens 40 Stunden in der Woche im Büro, oft umgeben vom selben, überschaubaren Kreis an Personen. Man redet über Fußball, Politik, Freizeit, Familie und alles andere was so anfällt. Man findet Gemeinsamkeiten, eine Humor-Ebene oder wenigstens geteilte Abneigungen. (Insert Witz über Spesen-Abrechnungen here)
Das funktionierte auch in der vorigen Firma und es gibt ehemalige Kollegen mit denen ich heute noch hier und da Kontakt habe. Also genau die Grundlage auf der man nicht regelmäßig redet, sich aber gegenseitig hilft, wenn es z.B. um Job-Gelegenheiten geht. So weit hab ich das mit dem Networking jetzt auch verstanden.
Bleibt sich die Frage: Wie stellt man das übervorsichtige Alarmsystem der eigenen Psyche aus – weil den Code dafür habe ich nicht bekommen. Obwohl mir klar ist, dass derlei zwischenmenschliche Slapstick für mich schneller ins Trauma-Gebiet fällt als für neurotypische Menschen, es kann nicht damit enden, dass ich überall dort wo ich Verbindungen auftuen könnte gleich mal die Schotten dicht mache. (Schotten dicht machen. Whisky. Why did I never think about that.) Schließlich habe ich im Gegensatz zu ungestörten Leuten (Look, I made a pun!) nicht einfach die Wahl es beim oberflächlichen „Mögen“ zu belassen oder ganz bewusst eine Verbindung zu suchen. Es ist kein aktives, kontrolliertes Steuern sondern vielmehr ein Prozess der entweder passiert oder nicht. Inklusive Risikokalkulation.
Aber das ist doch kein Grund zum Weinen, ey.
Es gehört zu der grausameren Sorte Ironie in einer Zeit zu leben, in der viele Menschen die Likes der Freundschaft vorziehen, sich und ihre Außendarstellung lieber hofieren lassen als sich einem anderen Menschen zu stellen. Als jemand der sich in Sachen Freundschaft und anderes Beziehungsgeflecht die meiste Zeit ihres Leben die Nase an der Glaswand plattgedrückt hat, wirkt das auf mich ein wenig bizarr. Was ich zu mancher Zeit darum gegeben hätte irgendwo ein bisschen dazugehören zu dürfen, andocken zu können. (Und es gibt eine Bezugsgruppe bei der das mal der Fall schien, aber das sind halt die Collateralschäden, wenn man Job und Privat verstrickt und das dann implodiert. So long, Stammtisch-Crew.)
Im Übrigen denke ich gar nicht, dass das ein exklusives Autismus-Problem ist. Das Klischee vom Kollegen der zu viel über sich redet oder einer Kollegin, die nach kürzester Zeit zur anhänglichen Klette wird, das sind schließlich beliebte Comedy-Plots. Aber so wirklich darüber reden, offenlegen, dass es da ein großes, zeitintensives Feld im Leben existiert, in dem menschliche Verhaltensweise im Kontext von bestehenden Verträgen, zu vergebenden Budgets und allerlei Bewertungs-Momenten navigiert werden muss, das tun wir irgendwie nicht. Zumindest nicht ausreichend, nicht ehrlich. Karriere-Knigge, Workshops zur Selbstreflexion, Konfliktmanagement, das ist ja alles schön und gut. Aber wo lernt man den sensiblen Umgang miteinander, wo gibt es offene Aussprachen über unterschiedliche Perspektiven zum Verhältnis untereinander – auch auf Teamebene? Ich mein ja nur.
(Mal vom Thema Flirts/ Romanzen / Affären im beruflichen Alltag überhaupt nicht gesprochen, weil, puh. Also PUH.)
Was ich sagen will: Können wir da bitte mehr drüber sprechen? Ich weiß nicht, ob das helfen könnte mit der Heulerei, aber erfahrungsgemäß mögen solche Dämonen kein Licht.
Fragen 776-800
776. Welche Note von 1 bis 10 würdest du deinem Leben geben?
What fresh hell… bei 1-10 reden wir von quasi Haltungsnoten, mit 10 als perfekt, richtig? Ach, keine Ahnung, 6,5 ungefähr.
777. Fällt es dir leicht, mit Leuten in Kontakt zu kommen?
Ha. Haha.
778. Wann hast du zuletzt etwas Neues gelernt?
Vermutlich gerade eben oder gestern, weil jeden Tag ist ja irgendetwas neu.
779. Wie hoch ist die Mauer um dein Herz?
Es ist weniger eine Mauer als viel mehr … ein Labyrinth. Very Harry Potter.
780. Machst du manchmal etwas nur widerwillig?
Manchmal? Etwas? Früh aufstehen, anderen recht geben, putzen, etc. Der nervtötende, unausweichliche Alltagskram halt.
781. Welche Figur aus einem Roman würdest du gern verkörpern?
Schauspielerisch? Danke, nein, geht grade so.
782. Bist du ein unternehmungslustiger Typ?
Wie abschreckend das schon klingt.
783. Kommst du immer zu früh, zu spät oder genau rechtzeitig?
(kichert eine Weile wie man das halt macht, wenn’s ums Kommen geht). Zu früh (höhö).
784. Wie sorgst du für Struktur in deinem Kopf?
Wie beim Puzzlen halt. Ich arbeite mich vom Rand in die Mitte vor. Aufgaben auf die eine Seite, Gedanken auf die andere, Vorhaben in die Mitte und die werden dann Reihe für Reihe…. Zu viel Detail?
785. Bist du schon einmal irgendwo gewesen, wo du nur Sand und Wasser um dich herum gesehen hast?
Ja. Das war gut.
786. Auf welchen Platz setzt du dich in der Achterbahn?
Ich stehe davor und gucke zu.
787. Machst du eine andere Person schnell auf ihre Fehler aufmerksam?
I feel very attacked.
788. Welche Rolle hast du in deiner Freundesgruppe?
Meine was in meiner was? Womöglich Rose Nylund, die gerne Dorothy Zbornak wäre, schätze ich.
789. Was ist das Exotischste, das du jemals gegessen hast?
Aligator? Känguru? Bries?
790. Liest du Horoskope?
Sorrow Scopes natürlich.
791. Was ist der seltsamste Ort, an dem du jemals aufgewacht bist?
Die Eckbank vom Tennisheim. Herrje, 18te Geburtstage. (Nicht meiner.)
792. Würdest du es gut finden, wenn etwas nach dir benannt würde?
Och, grundsätzlich ja, käme halt drauf an was. Bibliothek oder so, sehr gern.
793. Was machst du, wenn du nicht schlafen kannst?
Wenn mich Gedanken wach halten, dann muss ich mich sehr bewusst davon ablenken und mich in eine wohlige, angenehme Situation hineindenken. Und tief, sehr tief atmen. Meistens fängt mein Kopf daraufhin an irgendeinen blöden Ohrwurm zu spielen. Womit ich sagen will: Noch nichts was hilft.
794. Kannst du auch mit Leuten befreundet sein, die vollkommen anders denken als wir?
Wir? Ach, du bist dir also sicher, dass wir ähnlich denken? Interessant. Es hängt ein bisschen davon ab worum es geht, weil natürlich eine gewisse Weltanschauung, Toleranz und überhaupt vorausgesetzt werden. Aber zum Beispiel vegane Fans von Schalke 04 – da findet sich schon was.
795. Wie lange könntest du auf einer einsamen Insel überleben?
So Survival-Skill-mäßig? Puh, wenn es trinkbares Wasser gibt, schon ein paar Wochen.
796. Wie oft googelst du den (die) Namen deiner Jugendliebe(n)?
Meiner was?
797. Welches Unterrichtsfach in der Schule war für dich schrecklich?
Stenographie war die Hölle auf Erden. Ja, ich hatte Steno. Dass dieselbe, geradezu antike Lehrkraft uns auch Tastenschreiben beigebracht hat, empfinde ich nach wie vor verwunderlich.
798. Welche Zutaten dürfen in deinem Lieblingskuchen nicht fehlen?
Eier, Butter, Zucker. Lieblingskuchen. Wasn Frevel.
799. Was singst du unter der Dusche?
Ich liege in der Badewanne und halte Reden, thankyouverymuch.
800. Fällt es dir leicht, einer Person zu sagen, dass du sie liebst?
Hängt von der Person ab. Tendenziell: Wenn ich jemanden liebe, dann unter anderem weil die Person ebenso zu einer gewissen Direktheit und ehrlichen Antworten neigt. Dann geht das schon.
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“ … viele Menschen die Likes der Freundschaft vorziehen, sich und ihre Außendarstellung lieber hofieren lassen als sich einem anderen Menschen zu stellen …“
Wie wahr.
Im übrigen haben Sie so schöne Innbilder. Die hätte H. auch gerne, aber er wohnt nicht mehr am Inn, diesem mörderischen Fluss.