Let me explain.
- Kündigen. Ungefähr als ich hier das letzte Mal was gepostet habe, starteten gewisse Entwicklungen. Oder besser, sie spitzten sich zu. 2019 war ich in den kleinen Agenturarm einer IT-Firma eingestiegen, man kannte sich. Ein Jahr später, Pandora voll im Gange, die Integration in eine wachsende Firma von etwas mehr als 3000 Leuten in einer Handvoll Standorte. Und ich weiß nicht, ob Sie es mitbekommen haben, aber das Ding mit der Digitalisierung hat sich so ein bisschen, also fast schon wie ein Virus, verbreitet. Mit der Nachfrage wuchs die Firma. Menschen, Standorte, Abteilungen. Nach einem internen Wechsel taten sich zwar ein paar neue Türen auf, aber angesichts von bald 10.000 Kollegen sorgen Politik, Egos und Strategie auch dafür, dass bestimmte Türen zu bleiben. Am Ende war da wieder einer von diesen Momenten, in denen ich mir selbst zugeschaut habe, wie ich eine Entscheidung traf. Vor einer Woche war es dann so weit und ich marschierte das letzte Mal aus dem Büro im Münchner Osten. Was kommt, wird kleiner, aber tiefer, spezialisiert und international, aber vom Home Office aus. Dazwischen war ein Prozess mit tatsächlich mehreren Optionen, mit der Erkenntnis, dass Demografie, Fachkräftemangel und spezifisches Wissen mich in eine fürs Erste sichere, berufliche Nische befördert haben. Ja, die Kollegen werden fehlen, der Tumult einer so großen Organisation mit vielen Partys und Nebenthemen kann spannend sein, aber in den letzten Monaten war da diese eine große Erkenntnis: Was ich will und was ich brauche, sind nicht unbedingt identisch. Es gibt Teilmengen, aber auch deutliche Widersprüche. Zu bekommen, was ich brauche, macht zufrieden, gibt mir Energie. Zu bekommen, was ich will, aber nicht brauche, ist nur eine Sache zusätzlich, meistens nur der Anfang vom nächsten Wollen. Ich glaube, ich hoffe, die nächste Station ist mehr von dem, was ich brauche.
- Feiern. 2018, also in den before-times, hatte ich einmal etwas größer meinen Geburtstag gefeiert. Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich es eigentlich immer nochmal vorhatte, aber, Sie wissen schon. Letztes Jahr fand ich mich dann mit der schlimmsten Enablerin in Sachen wilde Ideen bei einem unserer 6-Stunden-Frühstücke wieder und plötzlich planten wir ein Fest. Gemeinsam und ziemlich eskalierend. Um große Garderobe und beste Laune wird gebeten. Ich kann empfehlen sowas mit einer Hospitality-Spezialistin zu planen, weil ich hätte die Hälfte vergessen. Jetzt muss ich nur noch zur Änderungsschneiderin, Schuhe kaufen und die Gästeliste endlich mal zumachen. Allein die Antworten, die aufgeregten Fragen dazu sind den Aufwand aber jetzt schon wert. Ich bin ja eigentlich keine Party-Maus, aber wenn, dann halt gscheid. Mehr dazu dann demnächst, wenn nicht die lokalen Medien vorher davon berichten.
- Sommerferien, Autism-Edition. Das erste Geschenk habe ich mir aber vorher schon mal selber gemacht – lange Ferien. Zwischen altem und neuem Job liegen beinahe 7 Wochen und die Freiheit überfordert mich fast. Bis dato war die Zeit nach einem Job immer noch mit der Suche nach dem nächsten Job gefüllt, aber dieses Mal ist alles schon irgendwie geregelt. Vor mir liegt ein jungfräulicher Sommer, zu füllen mit Dummheiten, Erinnerungen und Büchern. Aber vor allem auch: Ohne Masking und Small Talk und so tun, als ob ich Dinge gut finde, die ich gar nicht tun will. Rhythmus finden, Rituale entwickeln, Sicherheit in dieser Identität entwickeln, die ich nie so ganz integriert bekommen habe, im Konzern. Also irgendwo zwischen RPG und Tinder ausprobieren wer man so ist, holistisch und einen Weg finden, sich nicht für jedes Meeting wieder verwandeln zu müssen. Hot Autistic Girl Summer, let the akwardness begin.
- Das Social in Social Media. Ah yes, the Elon of it all. Naja, und die „künstliche Intelligenz“, der Aufruhr, der neue, brummelige Unterton, auch noch zwischen Menschen, die sich mögen. Vor allem aber: Es ist nicht mehr länger mein Blick in die Welt. In was auch immer gerade passiert, womit sich Leute beschäftigen. Selbst der, puh, „Diskurs“ scheint woanders zu sein und es hilft bei der Entwöhnung. Ein bisschen Sorge habe ich, weil es in den letzten Jahren so ein guter Weg war neue Menschen zu finden und ich ohne Twitter meine engsten Freundinnen womöglich nicht hätte. Vielleicht ist es eine Phase, womöglich braucht es nur das nächste große Event, aber in diesen Tagen überlege ich lieber, wie ich die letzte Phase des bayerischen Wahlkampfs vor Ort beeinflussen kann. (Don’t get me started. Aiwanger, Erding, ich könnte ein hasserfülltes Essay schreiben über das was hier passiert.) Ein Teil von mir weiß, dass sich immer Wege finden werden, dass Menschen sich vernetzen. Es heißt schließlich interNET. Aber Twitter, mit dem Fokus auf Text und Präzision, auf schnelles Antworten und die Destillation von Argumenten – das war für mich dann doch ideal. Ich will keinen Tiktok-Account, Reddit liegt auch im Koma und wo genau treffen sich die Sonderlinge jetzt – muss ich etwa Discord lernen? ChatGPT, wo finde ich neue Nerds zum Diskutieren, möglichst ohne Nazis?
- Smoothies do not make a morning person – und andere Erkenntnisse. Ich hatte in den letzten Monaten das Privileg, zu sehen, wie die tollen Menschen um mich herum mit teilweise heftigen Veränderungen – guten wie schwierigen – konfrontiert worden sind. Mich bewusst dazu zu entscheiden, ihnen meine Zeit, meine Aufmerksamkeit zu widmen, fühlt sich gut an, richtig. Auch das hat zum Job-Wechsel beigetragen. Ich will einen Job, nicht eine Identität. Er soll mich natürlich fordern und ich will meine Fähigkeiten einsetzen, auch da erfolgreich sein, aber mehr als alles andere will ich ein Leben, wo der Job nicht im Zentrum steht. Mit Zeit und Ressourcen für das, was wichtig ist. An Überstunden erinnern sich nur die Leute, die man dafür vernachlässigt hat. Ich habe nicht mal jetzt, in meinen Sommerferien, die Energie „that Girl“ zu werden, mit Journaling, Work-Out und ohne Social Media vor 8 Uhr morgens. Ich schaffe den Smoothie und damit auf meinem Balkon zu sitzen. Ich beantworte dafür jetzt die Nachrichten, für die ich vorher angeblich „keine Zeit“ hatte. Weil natürlich hat man die Zeit für die Nachricht, die Email, die Party-Zusage. Es ist der Prozess davor, die Gedanken über den Worst Case, über die Unwegbarkeit der Reaktion eines anderen Menschen (Bonus-Points für Neurodiversitäts-Hirn-Labyrinth), das Potenzial einer unangenehmen Reaktion oder selbst jemanden zu enttäuschen, für das wir „keine Zeit“ haben. High Risk, high reward oder so. Mein kleiner Break gehört nur mir und ich teile ihn mit den Menschen, die ich mag. (Ich schreib dann jetzt auch wieder mehr, versprochen.)
Das klingt alles sehr gut; auch wenn ich manche Prozesse im Hintergrund nur erahnen kann.
Viel Spaß für den Sommer und einen guten Start im neuen Job!
Freu mich sehr, sehr aufs nächste Wochenende. Ob wir uns gleich wieder erkennen? Alles sehr aufregend. Emotional und so.
*Or how to stumble upon friends and terrify people Dieser Blogpost kommt in 3 Teilen, nur einer davon ist ein Rant. Teil I :…