“I don’t think there’s any such thing as male objectification,” Manganiello added with a shrug when asked about his own voyeur-inviting nudity. “I think that word exists only with women because there are societal pressures for them to behave a certain way and to look a certain way. Someone put it to me once: Women are sex objects and men are success objects. That was really interesting to me.” (Quelle)
Das obige Zitat von Schauspieler Joe Manganiello bringt die Sache mit dem angeblichen „Seximus“ hinter männlicher „Objektifizierung“ sehr schön auf den Punkt. Und der Mann sollte wissen wovon er redet. Er wird, das ist ihm auch klar, zum großen Teil wegen seines Äußeren engagiert. Zur Erinnerung, das hier ist Mr. Manganiello:
Das obige Bild ist aus dem Film „Magic Mike“ in dem er einen Stripper spielt. Ein Film, der sich auch mit Frauen beschäftigt, die Männer einfach nur begutachten und auch kein Interesse daran haben, intellektuelle Gespräche mit ihnen zu führen. Sie, wenn man so will, nur als hübsche trainierte Hülle wahrnehmen.
Apropos trainiert.
Die Fußball-WM steht ja quasi schon sexy posierend und mit Schlafzimmerblick im Türrahmen und beglückt uns bald mit definierten Waden, Oberkörpern und großem Siegerlächeln. Woraufhin sie wieder aus ihren Löchern kommen werden, die hämischen Zeigefinger, die Ätschibätschis unter den Feminismus-Augenrollern, die bei jedem Kommentar zum Äußeren eines Spielers dann ganz laut Sexismus schreien und sich aufmandln, weil wir – also Feministinnen – ja plötzlich mit zweierlei Maß messen.
Oida.
Schnauze.
Wenn männliche Athleten begutachtet werden, werden sie – egal wie knapp bekleidet – als bewundernswert inszeniert. Erfolgsgeschichten. Könner, die durch ihren Körper etwas erreichen. Selbst männlichen Models oder Strippern langt ihr Körper, um etwas darzustellen, zu sein. Nur, weil sie ihre Physis der lechzenden Menge zur Begutachtung freigeben, werden sie noch nicht als passiv, als verfügbare Ware dargestellt. Sie haben auch immer einen Kopf. Ob in der Werbung oder auf dem Spielfeld – das Ensemble ist erst durch einen herausfordernden Blick und ein souveränes Lächeln komplett. Ihre Haltung ist raumgreifend, die Posen sind dominant.
Der sich wölbende, schemenhafte Kerl, der sich vor etwas räkelt und am besten noch schüchtern, mit gesenktem Kopf, in die Kamera blickt? Er ist im Marketing des Fleisches nicht vorgesehen. Diese Rolle gehört den Frauen.
Wenn wir über Objektifizierung reden, ist das kein abstraktes Konzept. Der weibliche Körper als Objekt, als formbare, passive Masse zur Belustigung und Verführung von (männlichen) Kunden ist an der Tagesordnung.
Es gibt auch keine Historie, keine lange Reihe von Männern, die diskriminiert wurden, weil sie zuviel Haut zeigen. Wenn Politiker in Mallorca heute eine Strafe dafür einführen wollen, dass schauderhafte Touristen-Maker nicht länger oben ohne in jedes Geschäft und jede Hotellobby latschen, dann fühlen sich nicht wenige von ihnen auf den nicht vorhandenen Schlips getreten. Betrachten sie es doch als Recht, als selbstverständlich, dass ihr kaum bekleideter Anblick als normal hingenommen wird. Diesen Wohlstandsbauch habe ich bezahlt, mit dem gehe ich auch Einkaufen.
Natürlich gibt es Männer,die Opfer von Menschenhandel werden, die sich prostituieren müssen, denen Rechte genommen werden. Davon rede ich nicht.
Ich rede von einem Medienbild, das Frauen- und Männerkörper fundamental unterschiedlich behandelt. Journalisten, die Zeit damit verplempern sich über das Gewicht einer Tennisspielerin den Kopf zu zerbrechen, würden nie eine Zeile daran verschwenden, ob Thomas Müller durch sein kaum vorhandenes Gewicht ein schlechtes Vorbild ist.
Wenn feministische Fußballfans (ja, wir existieren) sich über die Bauchmuskeln von Cristiano Ronaldo (nicht, dass ich das täte) freuen oder bei Bastian Schweinsteigers Waden ins Schwärmen geraten (ähem), sehen wir diese Männer nicht als reine Objekte. Ja, wir betrachten. Und wir bewerten sogar. Wir konzentrieren uns sogar manchmal ganz allein auf ein äußerliches Merkmal und reden darüber. Aber selbst wenn wir wollten, diese Gesellschaft hat uns beigebracht Männer als Menschen zu sehen, als ganzes.
Egal wie begrenzt das Vokabular eines solchen Herren oder wie wenig Manieren er besitzt – er schuldet uns nichts. Wir (Frauen) haben kein Anrecht auf ihn, seine Sexualität oder seine Zuneigung – nur, weil er seinen Körper zu schau stellt. Die kurzen Hosen oder der freie Oberkörper sind keinerlei Aufforderung an uns oder geben uns gar das Recht, ihn zu berühren. Wir betrachten sie, ohne ihre Selbstbestimmung einzugrenzen.
Durch sichtbare Haut zum Übergriff „provozieren“ oder als „einfach zu haben“ zu gelten – das passiert nur Frauen. Frauen müssen darüber nachdenken, ob das Sommerkleid als zu kurz gelten könnte, das Top zuviel Ausschnitt zeigt oder ihr Körper nicht den Standards entspricht. Gott bewahre, wenn Frau mit blasser Haut, breiten Oberschenkeln und dann auch noch Orangenhaut in Shorts oder Rock rausgeht. Davon könnte Mann sich ja belästigt fühlen.
Es ist ein Machtspielchen, natürlich. Männer wie Frauen erlegen sich selbst Schönheitsideale auf, Männer wie Frauen betrachten sich selbst oft kritischer als alle anderen. Aber nur der weibliche Körper ist Verhandlungssache. Dort, wo er es nicht mehr ist, wo Frauen mit unrasierten Beinen Röcke tragen oder wenig straffe Oberarme zeigen, bringen sie den Status Quo ins Wanken. Denn wenn wir Frauen nicht mehr vorschreiben können, wie sie aussehen sollen – ja wo kommen wir denn dann hin? Womöglich fängt die Frau dann auch noch an komplett eigenständig zu entscheiden, Ansprüche zu stellen und unabhängig vom allgemeinen Urteil über ihr Aussehen Forderungen zu stellen. Unerhört.
Selbst Profisportlerinnen, also Frauen, die ihren Körper mit einer bestimmten Absicht formen und behandeln, müssen Fragen zu Gewichtsschwankungen, Outfits und der Meinung anderer dazu beantworten. Der weibliche Körper, und sei er noch so durchtrainiert (weil, er könnte ja ZU durchtrainiert sein), steht immer als Diskussionsgrundlage zur Verfügung. Er gehört nicht zu einem Menschen, einer Persönlichkeit, er gehört uns allen. Das lernen wir alle von Anfang an.
Emanzipation heißt nicht, dass sowohl Steffi Jones als auch Oliver Kahn heute Werbung für Weight Watchers machen – obwohl nur eine von beiden mal Weltmeister war. Es ist auch nicht der geölte und glatte Cristiano Ronaldo, der mittlerweile mehr Marke als Mensch ist. Das Ziel ist auch nicht, dass ein Spieler Reporterfragen nach einem nicht mehr vorhandenen Sixpack beantworten muss.
Ästhetische Körper zu betrachten, zu bewundern und zu kommentieren liegt bis zu einem gewissen Grad in der menschlichten Natur. Sie zu degradieren und dem Menschen im Körper aber wegen irgendwelcher Makel seinen Wert abzusprechen, das ist unser eigentliches Problem.
Also haltet die Klappe, wenn ich mich positiv (!) zu einem männlichen Körper äußere. Mir muss man die Sache mit dem Sexismus nämlich nicht mehr erklären.
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