Sag mal Bella, was ist denn los, du bloggst ja gar nicht mehr?
Doch. Schon. Also im Kopf dauernd. Manchmal sogar kontrovers, aber dann fällt mir ein, dass ich grade nicht die Zeit habe, um eine Diskussion ordentlich zu verfolgen und dann führe ich lieber gleich die komplette Diskussion in meinem Kopf. Pro und Kontra, plus Trolle. Langt dann auch wieder.
Aber außerhalb des Kopfes komme ich momentan nicht hinterher. Nicht mit den stetigen Aufregungswellen online, nicht mit den kleinen Tragödien offline. Nicht mich betreffend – sonst könnte ich es ja einfach aufschreiben. Und ist es wirklich nur meine Umgebung, die so weit weg von den Dingen ist, über die sich z. B. meine Twitter-Timeline aufregt? Wo die alten Männer und ihre verknöcherten Meinungen im Feuilleton tatsächlich gelesen und diskutiert werden, während hier draußen auf dem Land nur pensionierte Lehrer die FAZ lesen. Der Rest blättert durch die regionale Zeitung oder klickt sich durch deren Nachrichtenangebot, betrauert, dass es auf der 304er (eine Bundesstraße) schon wieder einen derbröselt hat. Einen jungen. Das macht Menschen hier wütend. Weil es seit November jetzt schon wieder 8 Tote sind und nicht mal den kommunalwahlkämpfenden Großkopferten etwas dazu einfällt.
Eine unbekannte Schriftstellerin hat Angst vor der Wissenschaft und wenn ich das erzähle, sagt mir die Nachbarin, dass die Zwillinge hinten aus der Siedlung aber doch ganz entzückend sind und die Eltern so fürsorglich und die Mutter engagiert sich auch in der Gemeinde.
Nicht, dass all die geistig verwirrten komplett ignoriert werden sollten. Um Gotteswillen, manche von denen dürfen sogar Bücher schreiben und die werden dann gekauft oder besprochen – was natürlich selbst hier auf dem Land die falschen Menschen bestätigt. Aber dieses Zerfetzen überlasse ich klügeren Menschen als mir, Bloggern die etwas von Kontext verstehen, sogar Journalisten gibt es, die manche Meinung durch Argumente auseinander zu nehmen verstehen.
Ich merke natürlich, dass ich das Bloggen aktuell zu sehr durch eine aktivistische Brille sehe. Wo es doch genug Blogs gibt, die mit Leidenschaft in jede aktuelle Diskussion einsteigen, aber zu wenige, die ordentliche Geschichten erzählen.
Meine Geschichten-Brille habe ich nur leider gerade verlegt. Ich suche schon eine Weile. Sachdienliche Hinweise bitte an mich.
Weil, die Motivation wäre schon da. Die klatscht auch jedesmal in die Hände, wenn in einer Email steht, dass noch jemand auf mein Blogstöckchen „This is how I blog“ geantwortet hat. Wahnsinn. Ich klicke mich manchmal durch all die neu dazugekommen Blogs und es ist, als würde ich neue Straßen in meinem Dorf entdecken, einen neuen Stadtteil erkunden. Toll, dieses Internet. Dieser Vernetzungs-Ansatz hat Zukunft, das wird sich womöglich durchsetzen.
Und nun? Quo Vadis, Gemischtwarenbloggerin?
Ich weiß es doch auch nicht. Aber ich bin für Vorschläge offen. Jemand ein Stöckchen? Eine Frage? Eine tiefgreifende Sinnkrise, die analysiert gehört? Ich wäre dann soweit.
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