Die Menschheit teilt sich ja in vielerlei Hinsicht in zwei Hälften. Lakritze-Esser und nicht Lakritz-Esser. Menschen die Mario Barth mögen und Menschen mit Humor. Menschen, die bloggen, twittern und die Freude die das alles bereiten kann, zu schätzen wissen – und Frank Schirrmacher.
Für jede hochgezogene Augenbraue, für jedes „hä?“ und „wofür braucht man das?“ in meiner nicht so online-affinen Umgebung stoße ich auf kluge Blogeinträge, humorige Tweets, Meinungen, Videos und Opensource – Software und das nicht von Journalisten oder „Profis“ sondern von Menschen die Spaß daran haben all diese Dinge im Internet zu teilen.
Würde ich die Blogs und Videos die ich konsumiere in Abos umrechnen – mein Studentenbudget könnte es nicht tragen. Habe ich manchmal aber das Bedürfniss mich erkenntlich zu zeigen, irgendwie? Doch, schon. Eine Mentalität in der es normal, ja sogar gefordert ist, dass alles umsonst zu sein hat, damit konnte ich mich nie recht anfreunden.
Die Verständnislücke die sich hier auftut bringt mich wieder zu Mario Barth.
Mario Barth ist nicht komisch. Und ich glaube auch gar nicht, dass darin sein Erfolg liegt. Seine Pointen sind vorhersehbar, sein Timing nicht gut, seine Perspektive ziemlich eindimensional und seine Themenbreite… ist nicht breit. Nach langem Nachdenken bin ich zu dem Schluß gekommen, dass Mario Barth mehr so ein Moderator ist. Einer, der es seinem Publikum in Ruhe erlaubt über Klischees und deren Wahrheitsgehalt zu sinnieren. Barth ist ein Vorredner, der helfen will der Realität eine charmante, humorige Seite abzugewinnen. Er macht dafür keine neuen Witze, findet keine erstaunlichen sprachlichen Mittel oder zeigt überraschende Parallelen auf. Vermutlich ist er auf die Idee noch nie gekommen.
Er , und seine Erscheinung hilft dabei, ist ungefährlich, harmlos. Das macht ihn für viele Leute sympathisch.1
Trotzdem ist es erstaunlich, dass denkende Menschen für diese Dienstleistung – den es ist nicht wirklich Unterhaltung – doch mit viel Enthusiasmus Geld ausgeben.
Aber nicht für die begeisterten Menschen die stundenlange Arbeit in das Schreiben von Blogeinträgen stecken oder Videos editieren.
Wer dann mit dem Argument kommt, dass das ja keine Profiarbeit ist und freiwillig getan wird, macht einen Denkfehler. Den hier wird Neues kreiert. Es entsteht ein Wert. Natürlich gibt es keine Skala diesen zu Messen und die ewige Leier von der Profesionalisierung des Bloggens verträgt sich damit auch nicht, aber zwischen kein Wert und einem nicht genau definierter Wert besteht ein himmelweiter Unterschied.
Außerdem ist so eine Bewertung hochgradig subjektiv. Schließlich denken viele Menschen, dass das was Mario Barth da tut auch einen Wert hat.
Dass es außerdem Leute gibt, die sich des Werts von Blogs schon lange bewußt sind ist auch nicht neu. (Fragen sie dazu mal Frau Gröner, Amazon und deren Gemeinsames Projekt „Wunschlisten für Blogleser“)
Die Lücke zwischen den Schaffenden hinter gutem Content 2 und „ick find deinen Blog voll Knorke und würd dir gern mal eine Cola ausgeben“ will Flattr schließen.
Den Gründern um das swedische Start-up war klar, dass Wunschlisten, Paypal und Co einfach zu viel Aufwand für ein kleines Dankeschön sind und haben ein Tool entwickelt, mit dem angemeldete User (noch ist das ganze im Beta-Status, aber die Einladungen gehen eigentlich ganz flott raus.) durch nur einen Klick kurz find ich gut sagen können. Und das auch monetär. (wer genauer wissen will wie das Prinzip Flattr funktioniert findet hier ein nettes Erklärvideo dazu. )
Als ich meinen Account endlich hatte (und es eine Paypal-Alternative zum bezahlen gab) habe ich mit viel Begeisterung angefangen dort zu flattern (und schlagt mich, ich mag die Wortschöpfung) wo ich kann. (noch lange nicht alle Lieblingsblogger, aber ich bin jetzt mal optimistisch.) Dass ich den flattr-Button auch hier auf der Seite einbinde ist weniger ichfindichbinsosuper als das gehörtstandardmäßigintegriert. Und zwar mehr als dieser dämliche i-like-facebook-knopf.
Flattr will genausowenig eine Revolution sein, wie Mario Barth politischer Kabaretist. Es schließt einfach eine Lücke. Außerdem ist flattern eine tolle Möglichkeit zu beeinflussen, wovon es vielleicht bald ein bisschen mehr gibt. Und das direkt. Würde es sowas für Comedians geben, vielleicht wäre uns Nancy aus Tempelhof erspart geblieben.
P.S. Zwei Einladungen hab ich noch, wer zuerst hier schreit kriegt sie.
- Es ist der große Erfolg der Boulevardmedien, dass man Menschen die klüger, erfolgreicher und oft drastischer sind als der Durchschnitt der Bevölkerung von dieser als unsympathisch, fast schon bedrohlich angesehen werden. Höhepunkt dieser Kampagne war mit Sicherheit Bush Jr. der Kerl „mit dem man ein Bier trinken könnte“. Well done, Privatfernsehen und Kollegen, well done. ↩
- Gott, wie ich anfange dieses Wort zu hassen. Dass wollten die Buzzword-Götter so nicht. Wir brauchen neues Vokabular. Wie nenen die Italiener Content und Buzz und social networking eigentlich? Bei denen klingt es bestimmt besser. ↩