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Was gut war: KW 4, 2017

Erste selbst angeleiherte Meetings, erstes Nein-sagen, vortasten in größere teilweise ganz frische Projekte, andauerndes Hochgefühl. (Wann hört so ein Neuer-Job-Honeymoon auf? ) Vor allem auch: Merken, wie sehr die Jahre davor geschlaucht haben. Tage, die vor 6 Uhr Morgens losgingen, damit man für das Meeting mit dem Oberboss vor 8 im Büro war, das man dann frühestens gegen 19:00 Uhr verließ, um gegen 21 Uhr zu Hause zu sein. (Pendeln via Rosenheim. Such fun. Nie wieder.) Wie hab ich das die ganze Zeit gemacht? Ach ja richtig, ich hatte kein Leben mehr. Das ist eben so, in vielen Start-ups / Agenturen / Online-Schuppen. Überstunden gehören dazu, werden nicht gezählt und können maximal bei schweren Notfällen ein „frühes“ Beenden des Arbeitstages vor 18:00 rechtfertigen. Wenn ich hier um 18:00 Uhr zusammenpacke (damit ich zugegeben gemütlich zur S-Bahn schlendere und locker meinen Zug bekomme), dann gehöre ich oft zu den letzten, die noch arbeiten. Hier haben Menschen Familien und Hobbys und freie Tage ohne Emails. Angesichts einer jungen Kollegin, die grade angefangen und vor kurzem das gleiche Von-allem-ein-Häppchen-Studienfach wie ich beendet hat, frage ich mich, was diese prekären Bedingungen in vielen aufstrebenden Unternehmungen mit unserer Erwartungshaltung anstellen. Wenn Menschen in meinem Lebenslauf die Station sehen, bei der das Unternehmen aus dem Samwer-Inkubator kommt, nicken viele (mit)wissend. Ich war an der Front, ich habe gedient. Es gibt ja immer wieder schlaue Artikel dazu wie anspruchsvoll wir Millenials sind. Mit wilden Ideen zum Remote-Arbeiten, weniger Stunden machen oder gleich als Freelancer unterwegs sein. Als wäre das keine Reaktion auf eine Welt, die zwischen digitalem Steineklopfen und einer ruhigen, wenn auch reglementierten Kugel im Konzern, noch zu wenige Varianten hat. Aber ich schweife ab. Das passiert, wenn man zufrieden ist und wieder Muse hat, sich Gedanken zu machen. Selbst das Pendeln ist keine große Sache mehr, weil es zeitlich im Rahmen bleibt und ich vor allen Dingen noch genug Energie habe um die Zeit zu nutzen, anstatt ramdösig aus dem Fenster zu gucken. Ich meine, das ist der vierte (!) Blogeintrag dieses Jahr. Der auch schon wieder dabei ist auszufransen. Wer weiß, was ich erst mache, wenn ich nicht mehr so mit frieren bzw. Anti-Kalt-Maßnahmen beschäftigt bin. (Whisky helps. A lot.) Das gute ist ja jetzt, ich kann nachgucken wann ich darüber geschrieben habe, dass meine Küche jetzt staubfrei ist. War. Weil, kaum, dass die Maler aus dem Lichthof weg waren und ich meine Küche wieder hergestellt hatte, kamen sie zurück, um alle Gänge und Eingangsbereiche im Haus mit Fließ und Folie auszukleiden. Außerdem stand mein ehemals hängender Briefkasten plötzlich abmontiert und ungeliebt im Zugang zum Haus rum. Handwerker. Tolle Sache. Wenn man weiß, dass sie kommen. Tat ich jetzt nur dummerweise nicht. Also wieder Großputz. Dieses Mal musste es sein, es gab Backpläne. Obwohl gegen Ende der Woche das Immunsystem also langsam der Kälte nachgab (hauptsächlich in Form kalter, schmerzender Knochen. #oldmamBella ), wurden Lemon Bars (with a dash of mascarpone!), Bananen-Walnuss-Kuchen und the one, the only, Schokokuchen gebacken. (Damit das Honeymoon-Gefühl im Büro noch ein bisschen länger halt.) Adendum: Seit kurzem sitze ich hier Montags, gucke nochmal über den Eintrag und schüttele dann über so viel trivialen Blödsinn den Kopf. Weil die Welt brennt und ich Kuchen backe. Weil Präsident Bannon seine Hass-Agenda in Executive Orders übersetzt und protestieren zwar hilft aber eben doch nur in kleinen, vielleicht zu kleinen Schritten. Weil man hier in Deutschland sitzt, Faschisten bei der Arbeit zusieht und nicht fassen kann, dass es nicht mal 60 Jahre gedauert hat, bis ein großes Land auf einen Brüllaffen hereingefallen ist. Sich den Nachrichten zu verweigern hilft auch nur mir, das scheint zu wenig, zu egozentrisch. Geld an Organisationen verteilen, Artikel teilen, Kuchen backen. Mehr fällt mir momentan noch nicht ein. Aber ich glaube, ich habe grade erst angefangen darüber nachzudenken, was man noch tun kann.
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Was gut war: KW 3, 2017

Sich selber dabei zusehen wie man jeden Tag ein bisschen komplexere Dinge löst, ist nach wie vor extrem cool. Selbst, wenn man einmal richtig Mist baut, kann man noch tolle Einsichten rausholen. (Also, wenn man mit dem schuldig fühlen fertig ist.) Weil, wenn plötzlich Leute wissen wollen, was man da gemacht hat, fangen sie auch an zu reden, zu erklären und laden einem am Ende zu einem von diesen Meetings ein, die dringenden Kontext liefern. Lernen durch Bredouille – vielleicht lass ich mir das patentieren. (Hab ich erwähnt, dass ich es hier mag?) Außerdem kann die Kantine Mehlspeisen, die werden mich hier nie wieder los. (an der Vanillesoße arbeiten wir noch ein bisschen.) Dann habe ich den folgenden Absatz geschrieben, den ich jetzt vorbehaltlich zwar poste, aber mal in ein Zitat setze, weil. (Weil: Ich hatte Zeit über meine eigene Verstimmtheit nachzudenken und festzustellen, dass ich mich da an einer Kleinigkeit abarbeite, wo es doch wirklich wichtigere Dinge gibt. Das kommt nach dem Absatz.)
Dienstag über Emma-Artikel rumgeärgert, der eigentlich wichtige Dinge über die momentan medial repräsentierte Feminismus-Welle sagt, dabei aber vor lauter Mimimi weil Deutungshoheitsverlust, Verteidigung von Frau Schwarzer und genereller Motzerei zum Thema Feminismus und Islam (es ist kompliziert) sich selbst die Grundlage entzieht. Mal wieder lang über die Akademisierung des Ganzen nachgedacht und ob Sternchen, Unterstriche und Inklusion bis zur Sinnverstümmelung uns wirklich weiterbringen. Wie vor kurzem, als ein dahingesagter Tweet über die Kollektion eines schwedischen Mode-Discounters davon sprach, dass man dort Frauen zuerst gern wie Kinder anzieht und anschließend wie Damen aus dem Gewerbe (es war ein anderer Begriff.) Ich glaube wirklich nicht, dass eine Sexarbeiterin sich darüber Gedanken macht / aufregt / den eigentlichen Sinn der Aussage nicht nachvollziehen kann. Das wird ihnen immer nur von anderen unterstellt. Von Leuten, die dann meinten das wäre wahnsinnig diskriminierend gegenüber Sexarbeiterinnen. Tschessus fucking Christ. Habt ihr schon mal eine gesehen oder mit einer gesprochen? Als würden die sich da überhaupt angesprochen fühlen. (Was man rausfindet, wenn man ihnen auf zB auf Twitter folgt.) Aber nein, erstmal Stellvertreteraufregung. Ohnehin eins der großen Missverständnisse. „Ally“ sein hat etwas mit Beistehen und Verteidigen zu tun, nicht mit vorgreifender Hysterie. Aber wie super sie sich dabei alle finden. Was sich prompt in die nächsten Tage zog, weil ich jetzt einen degenerierten Menschen von der AfD nicht mehr wahnsinnig oder irre oder dumm nennen soll, weil das ableistisch ist. Grundgütiger. Habt ihr schon mal mit geistig behinderten Menschen über Nazis geredet? Ihr fändet die Wortwahl interessant. Es gibt einen Grund warum Diagnosen Namen außerhalb des klassischen Sprachgebrauchs bekommen haben. Der Slogan „Words mean things“ bedeutet auch „Diagnosen mean things, spezifische Things.“ Immer darüber aufregen, dass Sprache genauer werden muss und dann selber Begriffe ins nebulöse weiten. Herrschaftszeiten. Die Aussage man könne quasi einen Blumenstrauß aus echten Diagnosen unter Wahnsinn zusammenfassen und darum wäre das diskriminierende Umgangssprache? Das ist der Punkt wo Millenials sich ihre „Fakten“ genauso zusammenbauen wie die konservativen Fake-News-Anhänger, über die sie so lachen. Die eine Gruppe ist sich einig, dass Menschen niederen IQs durch den Begriff ‚dumm‘ diskriminiert werden, die andere, dass Chemtrails uns alle manipulieren. Von den vielen selbst diagnostizierten Störungen mal ganz zu schweigen. Nur um dann, und das ist der Punkt an dem ich sauer werde, so zu tun als ginge es ja nicht um ihre eigenen Differenzierungsfähigkeiten, sondern um die der anderen, der „nicht intellektuellen“. Die schaumgewordene Rückhand-Arroganz dieser Haltung macht mich sprachlos. Wir gebildeten, durchakademisierten Sternchen-Schreiberinnen kämpfen für die armen (klassismus!), verwirrten (ableismus!) Menschen, die den Unterschied nicht kennen und erklären ihnen darum gleich was man zu ihrem eigenen Minderheiten-Schutz nicht sagen darf. So laut kann ich nicht OIDA sagen, wie ich es denke. Es gibt Menschen, deren intellektuelle Fähigkeiten schnell an ihre Grenzen stoßen, die haben zum Ausgleich oft einen guten Instinkt dafür, ob Menschen etwas taugen oder nicht. Und es gibt Menschen deren Wissbegierde leider nicht genug Bildung erfahren hat, aber die das mit Neugier und eigenen Gedanken kompensieren. Wer soll hier eigentlich vor der diskriminierenden Sprache geschützt werden? Ich würde die Person gern kennen lernen, die sich angegriffen fühlt, weil man einen AfD Chef-Schreier einen Wahnsinnigen nennt. Ihr fühlt euch doch sonst bei keiner Gruppe angesprochen. Gottverdammte Schneeflocken. Hach, jetzt fang ich mir wieder Hater ein.
Dann kam das Wochenende. Obwohl mich Demos sonst oft eher kalt lassen und ich glauben will, dass man in den Prozess rein muss, um etwas zu ändern – der #WomensMarch hat mir Hoffnung gegeben. Allein dafür hat er sich gelohnt. Für die Masse, die the Orange One garantiert aufgeregt hat. Für die Friedlichkeit des Ganzen. Dafür, wie scheinbar unkompliziert und selbstverständlich es plötzlich war sich zusammen zu tun, gemeinsam zu marschieren - egal aus welcher Richtung der Emanzipation man kommt. Zwar seufze ich innerlich immer noch ein bisschen, weil es so vor der Wahl hätte aussehen müssen, aber wie so oft, muss es erst weh tun, bevor man revoltiert. Weil es eben nicht nur eine Demonstration war, sondern der Beginn von etwas. Weil es zum Beispiel jetzt swingleft.org gibt, das die amerikanischen Bezirke, die zu Trump gekippt sind in Angriff nimmt. Weil Emily‘s List (gibt es sowas bei uns?) hunderte von Frauen rekrutiert hat, die sich jetzt auf allen Ebenen zur Wahl stellen wollen. Weil der Begriff von der fehlenden Qualifikation sich mit der Vereidigung von The Orange One endgültig in Luft aufgelöst hat. Also: Hetzfeministinnen, Schwarzer-Anhängerinnen, und „ich mag mich nicht Feministin nennen“- Frauen (*kann Augenrollen nicht unterdrücken*) – können wir uns darauf einigen, dass wir uns alle einmischen? Ob auf Demos oder in Organisationen oder in Parteien (ich habe jetzt zwei in der Endauswahl und… mal sehen.), wir müssen rein in den Prozess und da die Strukturen aufmischen. Mit Ellenbogen, mit Lautstärke, mit Einheit. Statt Artikel über how to Feminism brauchen wir Artikel zum Thema how to in Arbeitsgruppen und Kommissionen kommen, how to Gemeinderat werden oder how to Lobbyarbeit machen. Könntet ihr die bitte schreiben? Wenn wir das haben, können wir meinetwegen auch wieder über Sternchen und Unterstriche reden. Was gut war diese Woche? Ich habe ein Paket voller Zucker bekommen. Und grade eben musste ich zehn Minuten nicht daran denken, dass Angela Merkel sich ab jetzt mit the Orange One powered by Moskau rumschlagen muss. Hey, man muss nehmen was man kriegt.
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Was gut war. KW 2, 2017

Heftige Arbeitswoche mit enorm vielen neuen Erkenntnissen, ersten Fehlern und jede Menge Beobachtungen. Schließlich ist jedes Büro ein kleines Sozialexperiment mit heimlicher Hierarchie und Strukturen und einer eigenen Tonalität. Immer wieder spannend, wie man, ohne direkt benennen zu können warum, manchmal eine seltsame chemische Reaktion auf jemanden hat oder jemand anderen sofort als gleichgesinnt abspeichert. Apropos: Gesagt bekommen, dass man ein Büro-bezogenes Bild auf Twitter zur Kenntnis genommen hat. (Moinsen!) Okidoki. Das mit meiner Trittsicherheit in der Konzernbürokultur ist eh… ach, naja. (Noch hab ich mir keine Feinde gemacht, ich werte das positiv.) Daheim ein kleines Loriot-Stück mit meinem Hausmeister aufgeführt, der mit dem Heizungsableser und meinem Wohnungsschlüssel vor der falschen Wohnung stand. Als er mich anrief, hielt er mich immer noch für eine andere Mieterin und fragte, warum ich ihm den Badschlüssel gegeben habe. (Fragen sie nicht. Das Haus ist alt, die Türen sind…minimalistisch.) Als ich ihm versichere, dass ich mit dem Schlüssel am Morgen noch die Wohnung abgesperrt habe, fällt das Zehnerl plötzlich. Nicht nur, dass er daraufhin irgendwie den Heizungsableser doch noch in meine Wohnung organisiert, nein, als ich abends zurück komme, hat sich mein Wohnungsschlüssel verdoppelt. ‚Aus seinem Fundus‘, sagt er. Ich versuche nicht darüber nachzudenken. In den Heimatnachrichten der alte Klassiker von der Altstadtbahn, die ein tapferer Verein seit Jahren versucht zu reaktivieren. Die Verbindung vom Bahnhof Reitmehring in die Wasserburger Altstadt wurde 1987, nachdem ein Damm abgerutscht war, zunächst vorübergehend eingestellt. Nur halt nie wieder aufgenommen. Irgendwann gingen die Rechte an der Strecke an die Stadt über und seitdem gibt es Debatten. Die Stadt würde das alte Stadtbahnhofsgelände mittlerweile (nach diversen Verhandlungsrunden mit Interessenten, die ohne Ergebnis blieben) gern anders nutzen, ein Interessensverband versucht das jetzt schon über diverse gerichtliche Instanzen zu verhindern. (Lesen Sie die Kommentare. Regionaler Journalismus lebt!) So bequem es wäre mit dem Zug direkt nach Hause zu kommen – mittlerweile gehört wohl ein Landschaftsschutzgebiet zur alten Strecke und vielleicht ist die fehlende Direktverbindung in die Altstadt die letzte Hürde zwischen dem Städtchen und der Durchgentrifizierung durch Schadmünchner. Zumindest die hiesigen Mieten nähern sich dem Umland-Niveau. Aber ich wollte ja gute Sachen schreiben. Am Ende der Woche im Büro so ein Lightbulb-Moment, weil ich jetzt eine Idee davon habe welche meiner spezifischen Stärken ich im Job vielleicht gezielt gut einbringen kann. Jetzt Lieblingsphase des Pläneschiedens. Freitag mitten im PMS-Gewinsel von der Timeline mit Kaiserschmarrn getriggert worden und mit Gelüsten ins Wochenende geschleppt. Anstatt Kaiserschmarrn zu machen dann aber die Küche endlich vom Staub befreit, der seit der Renovierung des angrenzenden Lichtschachtes im Dezember über allem lag. Wonach ich erst recht nichts kochen wollte. (Gott segne Mütter wie meine, die mittlerweile am Wochenende Portionen für Großfamilien kochen, damit die arbeitenden Töchter und im Zweifelsfall deren Anhang regelmäßig ein ordentliches Essen bekommen. Zum Beispiel Rouladen, in die Käse kommt, was die Soße unfassbar sämig macht. ) Sonntag dann noch ein Stromkabel durchtrennt, eine Glühbirne beim Einschalten zum Kurzschluss gebracht und den Tageslichtwecker versehentlich von Klaviergeklimper zu Vogelgezwitscher verstellt. Gehofft, dass es schnell Montag wird. (Wenn sie nicht so früh anfangen würden, fände ich Montage wahrscheinlich super.) Okay, 'was gut war' ist hier vielleicht eher ein Arbeitstitel. Mehr so 'was war'. Work in progress.