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Was gut war: KW 38, 2017

You guys, what a week. Montag packte ich die diversen Kuchen ein und machte mich noch wie eine gewöhnliche Drohne auf den Weg nach Unterföhring, wo ich den Tag mit der Verabschiedung von den Kollegen und ein paar Kleinigkeiten verbrachte. Ich nahm nachträgliche Geburtstagsglückwünsche und aufmunternde Worte für die nächsten Wochen entgegen. Am späten Nachmittag packte ich zusammen und winkte noch einmal wehmütig dem Gebäude. Mal sehen wie lang. Natürlich schlief ich nur so okay und wachte Dienstag viel zu früh und mit Herzklopfen auf. Ein bisschen wie erster Schultag. Ich war zu früh im Büro, suchte mir erstmal einen Tisch und begann mich zu orientieren. Ich will jetzt gar nicht den ersten Tag in allen Details schildern, weil Workshops und Debatten für den Leser dann wohl doch nur begrenzten Unterhaltungswert haben. Allerdings sei gesagt: Ich hatte eventuell seit den Weingetränkten Debattier-Nächten der Uni nicht mehr so viel Spaß. Aufgefordert werden groß zu denken, ruhig auch in abseitige Richtungen und im großen Verbal-Ping-Pong Konzepte durchspielen ist besser als jedes Sabbatical. Die nächsten Wochen werden anstrengend und fordernd und ich freue mich wie ein Australier auf dem Weg zur Theresienwiese darauf. (Die ist halt grade in der Nähe.) Abends gab es noch ein hinreißendes Get-Together mit Mentoren, Agenturen, Helden und anderen Anhängseln dieses Inkubators. Plus Catering. (Hatte ich erwähnt, dass es hier Tegernseer regulär im Büro-Kühlschrank gibt? Nein? My Bad. ) Ich schwebte trotz eines Zuges voller Wiesn-Heimfahrer bis zu meinem Bett. Schlaf ist für Leute die morgens nicht voller Vorfreude aufs Büro aus dem Bett springen, stellte ich Mittwoch fest. Auch der war geprägt von Gesprächen und bezahltem Rumspinnen. (Das wird hier so schwärmerisch die nächsten Wochen. Es tut mir ja auch leid.) Abends gab es gleich die nächste Veranstaltung, von einem anderen Accelerator. Allerdings begann gegen 8 etwas hinter meinen Schläfen zu pochen und ich schlich mich noch vor dem großen Workshop-Teil (und dem Catering!) davon. Als ich am Donnerstag als erste gegen 9 im Büro war und erst gegen halb elf die ersten Kollegen eintrudelten, begann auch bei mir langsam das mit der großen Freiheit hier einzusinken. Es ist egal wo ich arbeite. Oder wann ich arbeite. Klar, man hat Termine und Workshops und Deadlines - aber davon abgesehen? Arbeite so, wie du Ergebnisse erzielst. Die meinen das hier so. Ich hatte keine Termine, also dokumentierte ich meine ersten Tage, dachte mit dem Marker in der Hand auf Post-Its rum und ging am frühen Abend zur einer Verabredung mit einer früheren Kollegin. Wie so ein Mensch mit Work-Life-Balance. Die Kollegin aus harten Start-up Zeiten und ich brachten uns gegenseitig auf den neuesten Stand. Wir hatten beide in den letzten knapp zwei Jahren ein paar Wechsel hinter uns, ein paar Zweifel, ein paar harte Lektionen mehr. Sie hatte ihren Weg zurück in die Old-Economy gefunden, ich erzählte mit leuchtenden Augen vom Inkubator, dazu speisten wir im Anna Hotel sensationelle Dim Sum und tranken Wein. Ich kämpfte mich am dritten Tag hintereinander durch die von der Wiesn zurückkehrenden Menschentrauben, entfernte zum zweiten Mal in der Woche einen Herrenarm von meiner Hüfte respektive Schulter, der dort ungefragt abgelegt worden war (Ich scheine zur Zielgruppe von Herren im Segment 50+ mit Trachtenjacke zu gehören.) und beschloss am Freitag gleich mal das mit diesem Home-Office auszuprobieren. Ich schlief an einem völlig normalen Nichts-Urlaubs-Werktag also aus, frühstückte und begann dann Emails zu schreiben. Wahnsinn. Immer, wenn ich über etwas nachdenken musste, erledigte ich irgendwas in der Wohnung. Müll raustragen - zack - Prioritäten klicken. Geschirrspülen - zack - eine Bemerkung aus einer Diskussion fügt sich als neue Funktion ins Konzept. Egal wie sich diese Sache hier entwickelt, meine Sicht auf modernes Arbeiten und richtig genutzte Ressourcen wird sich vermutlich für immer verändern. Bis zum Abend hatte ich die erste Reihe Kontaktanfragen raus, eine klare Vision für die Aufgaben der nächsten Woche und Antworten auf zwei wichtige, richtungsweisende Fragen. Sowie eine aufgeräumte Wohnung. Am Samstag lies ich das Projekt Projekt sein, frühstückte gegen Mittag ordentlich und machte mich Nachmittags auf den Weg in Richtung Oide Wiesn. Eingetrachtet, obviously. Der F. hatte einen Tisch im Festzelt Tradition und als ich dann endlich auch den richtigen Eingang erwischt hatte, fand sich eine hochgradig sympathische Runde Twitterer zusammen, um Hendl bzw. Rohrnudeln zu essen und hervorragendes Augustiner zu trinken. Es wurde gar nicht mal so spät, dafür aber sehr lustig. Ich warte nach wie vor auf den Punkt an dem sich ein via Twitter reizend erscheinender Mensch als weniger reizend im RL erweist. Vielleicht hab ich da einfach Glück. Oder ich finde hauptsächlich Menschen, die dieselben Dinge im Leben zu schätzen wissen. (Alkohol, Essen, spottenden Humor.) Im Nachhinein hätte ich den Sonntag einfach verschlafen sollen. Es halfen weder Wein noch Schokolade oder gar die Hoffnung, dass die Leute hier ja eh die CSU wählen würden. Stattdessen fanden sich hier, mitten in der gesättigten CSU Hochburg mit 2% Arbeitlosigkeit, wenig Kriminalität (die Probleme liegen hier eher bei Einbruchsvergehen), hoher Bildungsrate und überdurchschnittlich vielen Engagierten in der Flüchtlingsarbeit Dörfer mit bis zu 20% für diesen einfallslosen Haufen aus alternativen Problemen. Und mir fällt dazu einfach nix mehr ein. Nichts. Das hier ist Bayern. Nicht Sachsen, kein Problemviertel. Nicht zuletzt sind es natürlich überdurchschnittlich viele Menschen mit eigenem Migrationshintergrund, die sich haben verleiten lassen. Was soll das sein - Protest? Wogegen? Und mit welchem Ziel? Ich glaube tatsächlich, dass ein Großteil dieser Wähler durchaus weiß wie nutzlos diese Leute in der tatsächlichen politischen Arbeit sein werden. Es ist Trump, Brexit, Le Pen. Frust und Unzufriedenheit ohne artikulieren zu können, was denn bitte schön geändert werden sollte. Auf Nachfrage kommen dann entweder Grobkonzepte wie Identität und Angst vor was auch immer oder so brachiale gesellschaftliche Themen wie der Rundfunkbeitrag. Es scheint, als gäbe es, wie gut es einem Land, einer Gegend auch immer geht, jederzeit ein Wähler-Potential zu geben, dass einfach nur Trotzigkeit unter Beweis stellen will. Mehr ist es nicht. Egal, wie sehr sie damit allen schaden. Proteststimmen sind ultimativer Narzissmus. Aber das wollen sie nicht hören. Ich schätze, ich muss mir dann mal eine Partei suchen.
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Was gut war: KW 37, 2017

Rumgesandelt. Lange Gespräche geführt, ausgiebig gekocht, Dinge in Ruhe getan. Eine Schlafzimmer-Wand gestrichen, Sachen repariert. (Die Wand ist jetzt… nennen wir es mal Purpur.) Über die Sache mit der Rechtfertigung für die Dirndl-Kritik nachgedacht und dagegen entschieden. Hat auch was mit Feminismus und diesem ewigen Zwang zum Begründen und Erklären zu tun. Außerdem bin ich jetzt bei Buzzfeed und damit ohnehin legitimiert. So there’s that. Sehr launig in den Geburtstag hinein gefeiert, den Tag selbst mit der Familie verbracht. Die nächstjährige Schnapszahl muss aber größer gefeiert werden, denke ich. Mal sehen, was sich findet. (Haha, Mitte September in München oder was? Haha.) Ganz arg über viele Glückwünsche auf allen Kanälen gefreut, die sich mit jedem Jahr und jeder persönlichen Begegnung auch weniger beliebig anfühlen. Diese crazy internet people. Mit Alkohol und Büchern beschenkt worden, also perfekt. Sonntag für die crazy Kollegen Rotweinkuchen und Gin Tonic Cake mit Cheescake-Topping gebacken und innerlich nochmal durchgestreckt. Vor mir liegen interessante Tage. Die nächsten Einträge werden hier vermutlich wieder länger.
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Was gut war. KW 36, 2017

Urlaubswoche. Der völlige Verlust des Zeitgefühls. Um das voran zu treiben Montags auch komplett, wie wir sagen, rumgesandelt. Rumgelesen, rumgelegen, Listen geschrieben, Gedanken gemacht. Gelernt: Das bin ich nicht mehr gewohnt, dieses nix tun. Ich bin jetzt wohl in diesem Alter wo man nicht einfach nur frei haben kann. Ich mache also Termine, Räume Dinge auf und hole mit leisem in mich hinein Grinsen die Freude über das anstehende Abenteuer nach. Nebenher muckt Twitter auf. Also, es ist ja so: Vor einigen Jahren habe ich mal ein bisschen zu dem Dirndl-Thema rumgerantet.Einfach, weil es mir da grade ein bisschen mit dem Verkleidungs-Faktor des Ganzen gelangt hat. Gleichzeitig hatte ich damals schon die Hoffnung, dass wir Peak-Dirndl erlebten und die Sache abebben würde. Der Trend konnte ja nicht ewig anhalten und ich kann mich schließlich an Zeiten erinnern, da waren es nur wir Landeier die uncoolerweise in derlei unterwegs waren. Ich hatte das mit der Dahoamisierung wohl unterschätzt. 6 Jahre später leben wir inmitten von Peak-Dirndl und ich befülle, fast schon aus Trotz, noktoberfest.tumblr.com . Womit wir beim Aufmucken wären. Das Tolle am Internet ist, es gibt immer irgendwo einen Mann, der dir erklärt was du falsch machst. Dass man Leute doch anziehen lassen soll was sie wollen. Oder ich mich doch arg hineinsteigere. (Women be crazy, am I right?) Meine Dankbarkeit ob soviel Weisheit kennt entsprechend keine Grenzen. (Mal ganz davon abgesehen, dass ich die Einträge zum Thema auf Twitter brav mit #noktoberfest betitele und man sie ohne weiteres muten kann.) Jetzt müsste ich an dieser Stelle zu zwei Punkten ausholen. Punkt 1 ist der Fakt, dass ein Dirndl eben kein Trend-Piece sondern Teil einer Tradition ist. Dafür müsste ich ein bisschen zum Thema Tracht und Geschichte, auch zum Dirndl und Lederhose als Kleid der einfachen Leute referieren und schließlich wenn nicht kulturelle Aneignung dann zumindest kulturelle Respektlosigkeit anmahnen. Weil wer sonst dauernd Witze über Bayern macht und mit den Traditionen bzw. den konservativen Seiten dieser Gegend nichts zu tun haben will, sich aber dann in und außerhalb (WTF) von Bayern in unsere Gewänder wirft (oder Dinge die versuchen so ähnlich zu sein), verliert halt meinen Respekt. Aber das hier ist nicht der Platz um so auszuholen, das mache ich demnächst an dieser Stelle. Punkt 2 ist, dass manche Menschen ja wirklich glauben die Online-bzw. Twitter-Bella wäre 1:1 wie das Carbon-Original. Demnach laufe ich andauernd angetrunken, eine Axt schwingend hinter Leuten in billigen Dirndln her und beleidige sie. Oder man kann einsehen, dass Twitter, ob man es zugibt oder nicht, auch eine Bühne ist, auf der wir nach Wunsch und Fähigkeit Dinge von uns preisgeben, verschönern oder betonen. Man entwickelt quasi distinguishing features, also Differenzierungsmerkmale, anhand derer man sich als einer gewissen Gruppe zugehörig darstellt. Ich mag Wein und Schokolade, bösen Humor, den FC Bayern und inszenierte Lästereien gegenüber Leuten, die es aushalten können. (Wozu ich mich im Übrigen selbst zähle.) Dadurch habe ich mich auch zu einer Anlaufstelle für genau diese Themen entwickelt. Ich muss die Auswüchse des Dahoamisierungs-Trends längst nicht mehr suchen, man bringt sie zu mir. Ich hatte die Oktoberfest-Sneaker-Edition von Adidas bis jetzt ungefähr 17 Mal in den Mentions, den Weißwurst-Oktoberfest-Curry King 5x und jeden Tag kommen hässliche Werbeplakate, Schaufenster oder Produkte dazu, die Follower bildlich festhalten und mir schicken. It's part of the game. (Und ein bisschen Theatralik ist tatsächlich Teil meiner Persönlichkeit. DRAMA, BABY!) Aber klar, ich steigere mich rein. Es ist nämlich etwas völlig anderes, wenn ein Mann in einem Thread 1/38 erklärt, warum es falsch ist, dass es in der traditionsreichen Bundesliga einen Verein gibt, der vom Hersteller eines Energy-Drinks gesponsert wird. Die Bundesliga gibt es immerhin seit fast 55 Jahren. Während man dieses bisschen Tracht...naja, jedenfalls, warum bin ich eigentlich so hysterisch? Sie merken, selbst beim Anschneiden des Themas, wird es ziemlich ausufernd. Testen wir ein Neues. Ah, ja! Mittwoch ging ich dafür einem meiner Lieblingshobbys nach - Baumärkte und Möbelhäuser! Zu diesem Zweck machte ich mich auf den Weg in Richtung Rosenheim, wo grade noch geherbstfestet wurde und ich am Bahnhof angesichts der diversen optischen Verbrechen schon nach meinem Riechsalz greifen musste. Aus dem Schlafzimmer-Pink muss endlich ein Pflaumenton werden, außerdem musste der passende Stoff für die Rückverkleidung des Raumtrenners her. Wenn man mich im Baumarkt in dem Eck mit den Farbkarten allein lässt, ist das ähnlich wie mich in einem Buchladen allein zu lassen, nur komplizierter hinsichtlich einer Entscheidung. Nach einem langen Tag kehrte ich trotzdem mit vollen Taschen nach Hause zurück und plante für die kommende Woche ein paar kleine Renovierungsarbeiten. Was eh passt, weil der Balkon schon eingerüstet ist - Fassadenarbeiten. (Die hiesige Altstadt gibt sich zwar gern italienisch, hält aber nichts vom südländisch charmanten Verfall. Irgendwo wird hier immer grade wieder etwas in Stand gesetzt.) Den Shopping-Ausflug bezahlte ich Donnerstag mit einem sich völlig verweigernden Fuß, wodurch ich hauptsächlich im Bett lag und las. Zwischendurch schlugen fantastische Nachrichten und gute Angebote auf, es war fast ein bisschen gruselig. Ich muss wohl die Dirndl-Bluse und den Bayern-Schal aufbügeln. (Hier ganz viel Hach und so denken.) Am Freitag besorgte ich frischen Fisch, Baguette und die großen italienischen Zitronen, um ein paar liebe Menschen zu bekochen. Das sind die Dinge für die halt wirklich nur im Urlaub Zeit ist, und die ich darum umso mehr genieße. Wäre meine Küche nicht winzigst, würde ich total gern einen kleinen Supper-Club gründen und einmal im Monat Leute hierher einladen und verköstigen. (Wenn jemand übriges Geld hat und mir zum Geburtstag ein altes Landhaus mit Garten schenken will: Jederzeit.) Am Samstag endlich das Neu-Wieder-eröffnete hiesige Innkaufhaus besucht, das im Frühjahr zum Entsetzen des Dorfes geschlossen hatte. Klar, große allgemeine Sortimente vom Kochtopf übers Schulheft bis zum BH sind in Zeiten des Internets schwierig. Wie es das Schicksal wollte, kam kurz nach der Schließung die Tochter des ursprünglichen Gründers, der das Kaufhaus 1970 gegründet hatte, samt Familie aus New York zurück nach Wasserburg. Ohne, dass sie danach gesucht hatte, wartete damit hier schon die nächste Aufgabe und seit Mitte der Woche ist die zentrale Anlaufstelle für allerlei im Dorf wieder da. Mit ein bisschen Hipster-Charme, reduziertem aber ausgesuchtem Sortiment und dem obersten Stockwerk, das ab sofort für Events wie Ausstellungen oder Musik zur Verfügung steht. Ich mag, wie sich mein kleines Dorf gegen den Lauf der Zeit zur Wehr setzt. Apropos mein kleines Dorf: Als ich Sonntag mit dem Ramosgroupie nach einem Abstecher auf dem Attler Herbstfest (die Stiftung Attl ist ein großer Träger für eine Vielzahl von sozialen Projekten mit einem eigenen Hof und dazugehörigem Laden.) mit gebrannten Mandeln und hervorragenden Auszongnen bei Mama und Papa Donnerhall vorbei schaute, guckten wir zum Kaffee die 45minütige Doku, die der bayerische Rundfunk über mein Dörfchen gemacht hatte. Mit den Künstlern und den Häusern, Arkaden und Katakomben, sowie den vielen Eigenheiten. So nett so ein Werbefilm auch ist - NOCH mehr Leute sind momentan eigentlich nicht nötig. Schon gar nicht kommende Woche, wenn hier Wasserburg wieder leuchtet und ungefähr 10000 Menschen durch die mit Licht und Farben inszenierte Altstadt strömen. Aber gut, Geburtstagstradition ist Geburtstagstradition. Ist schon sehr nett, dass das immer an meinem Wochenende statt findet. Mal sehen, was die letzte Woche als 32er sonst noch bringt.