Krankhaft nett

But I’m a creep
I’m a weirdo
What the hell am I doing here?
I don’t belong here

Es gibt da eine Szene am Anfang einer Dr. House- Folge, irgendwo in der zweiten oder dritten Staffel. Ich befürchte, sie hat mir damals Tränen in die Augen getrieben. Und dann selbige geöffnet.

Dr. Gregory House, gefürchteter, brillianter Diagnostiker und nach eigener Aussage, Krüppel, wacht am Morgen auf. Er steht auf. Zumindest versucht er es. Er hebt sein gesundes Bein, das linke, aus dem Bett. Dann greif er mit beiden Händen nach dem anderen und hievt es aus dem Bett. Er stützt sich auf dem Bettpfosten auf und richtet sich auf. Erster Schritt – gesundes Bein. Der rechte Fuß versucht zu folgen – er stolpert. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hangelt er sich vom Bett, zum Tisch, Richtung Tür. Der Tag beginnt mit einer Erniedrigung durch den eigenen Körper. Jeder gottverdammte Tag.

Ob Sonnenschein oder Wochenende, die ersten Gedanken des Tages sind geprägt von Wut, Schmerz und Ohnmacht. Wer sich diesen Gefühlen nicht ergeben will muss zäh werden. Und der Schritt (ha!) von zäh zu hart, unzugänglich und zynisch ist irgendwann so winzig. Man merkt es quasi nicht.

Nachdem die Popkultur in den letzten zwanzig Jahren fleißig am goldherzigen Image aller Behinderten gearbeitet hat, wo Blinde natürlich sehen konnten was wirklich zählt, Gelähmte mit Intelligenz brillieren dürften und Taubstumme zu leuchtenden Symbolen unserer wachsenden Sprachlosigkeit wurden, schien die political correctness endgültig gewonnen zu haben.
Dass du behindert bist, gibt dir nicht das Recht ein böser Mensch zu sein.
Ach was.

Nur, so einfach ist das nicht. Das Schicksal zu aktzeptieren (tschuldigung, wird nur mir bei dieser Formulierung schlecht?) ist einen Sache. Aber deshalb nicht mehr wütend, bitter und verletzt zu sein eine andere. Ich will einfach die zurück haben, die du vor der Krankheit warst. Sorry. Not gonna happen.

Depressionen und Schmerzen haben da ein paar feine, fiese Gemeinsamkeiten. Den so oft man sie überwindet, sie lauern hinter jeder Ecke. Sie lassen dich misstrauisch und skeptisch werden. Sie sähen die Grundlage auf der Zynismus und emotionale Distanz wachsen. Sie sind mir vermutlich näher als die engsten Freunde und haben mitgeformt wer ich heute bin. Aber wie soll das ein Mensch begreifen? Mit einer Dr. House – Metapher?!

Schließlich gibt es Therapien und Medikamente, richtig? Warum sollte man sich von einer Krankheit den Charakter vermiesen lassen? Und, ist das nicht nur eine Ausrede dafür, dass ich so verdammt seltsam bin?
Vielleicht. Aber es ändert nichts.
Ich bin nicht meine Depression, meine Schmerzen. Aber sie gehören zu mir, sie beeinflussen mein Leben, mein Denken und mein Handeln. Sie haben Unabhängigkeit mein höchstes Gut werden lassen und mir beigebracht allein zu sein. Und genau deswegen bin ich manchmal Hilflos und Einsam. Das ist kein Widerspruch, sondern logisch.

Darum, geliebte Menschen die ihr euch Sorgen macht, weil ich mich nicht melde, nicht über mich spreche und manchmal untertauche: ich will nicht abweisend sein, ich schütze euch nur vor mir.

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